Von majortom – Ins unbekannte Italien. Der Apennin in der Region Abruzzen ist Hochgebirge und bietet fantastische, einsame Landschaften, die für Europa einzigartig sind.
Streckenänderungen vorbehalten.
quäldich-Reise Abruzzen-Giro
Dies ist die offizielle Strecke der quäldich-Reise Abruzzen-Giro vom 21. bis 29. Mai 2022.
Von Jan – Ein herzliches Willkommen aus der Sonne sendet die Abruzzen-Gruppe aus Sora. Heute haben wir nur kurz am Valico di Monte Bovi in die Zielregion hineingeschnuppert mit einer fantastischen ersten Mittagsverpflegung am neuen quäldich-Bus unterhalb des Valico mit Blick über die Piana del Fucino bis zum Monte Amaro! Wahnsinn! Vorher toller Caffè in Monte di Bove mit Kontakt zu den Einheimischen. Die Mittagessensempfehlung im Ristorante Boscaiolo hinter dem Valico müssen wir leider ausschlagen. Schon war der Motorradwahnsinn bis Carsoli vergessen!
Dann noch 60 km im Flowtunnel im Gegenwind nach Sora. Die Gruppe läuft wie ein eingespieltes Zahnradgetriebe. Und morgen fahren wir über den Forca d'Acero in den Nationalpark der Abruzzen!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Wir starten in Tivoli vor den Toren Roms. Das Kolosseum können wir fast am Horizont erahnen, doch wir wenden uns zunächst in die entgegengesetzte Richtung, weg von der "ewigen Stadt", hin in Richtung der Berge. Die Auftaktetappe dient auch zum Einrollen, denn es warten heute noch keine ganz schweren Prüfungen auf uns. Nach 35 weitgehend flachen Auftaktkilometern überschreiten wir erstmals die Grenze in die namensgebende Region unserer Reise: Abruzzen. Dann geht es auch schon in den ersten Pass, den noch wenig furchterregenden Valico di Monte Bove, auf den sofort ein zweiter Anstieg nach Petrella Liri folgt. Nun müssen wir nur noch ausrollen bis in den Etappenort Sora.
Von majortom – Wir verlassen Sora und sind sogleich im ersten Anstieg zur Forca d'Acero, dem südlichen Einfallstor in den Nationalpark Abruzzen. Es ist ein sanfter Anstieg, aber es sind immerhin fast 1300 Höhenmeter, die überwunden werden wollen. Auf dem Weg nach Norden stellt sich dann als nächstes der 1585 m hohe Valico di Monte Godi in den Weg, am Fuße des gleichnamigen, immerhin 2011 m hohen Monte Godi. In der Abfahrt durchfahren wir die wildromantische Sagittario-Schlucht, dann erreichen wir das nächste Zwischenziel in Sulmona.
Von Jan – Wer in unseren Breiten hat je vom Forca d'Acero gehört? Und vom Valico di Monte Godi? Oder vom Valico Olmo di Bobbi? Sicherlich die wenigstens. Diese drei Rollerberge im besten Sinne haben uns heute eine unglaubliche Etappe in den Abruzzen beschert. Mit Wolfsichtung!
Aber der Reihe nach: überraschenderweise eröffnet der Blick aus Zimmer 105 heute morgen in Sora tief hängende Wolken an der Serra Lunga und den Monti della Meta, die wir heute über den Forca d'Acero erklimmen wollen. Gestern hatten wir den Höhenzug bei unserer langen Abfahrt nach Sora noch klar links neben uns liegen sehen. Die Enttäuschung hält sich in Grenzen, nur frage ich mich, ob es bei diesem Wetter nötig war, schon so früh los zu fahren. Wir werden uns noch darüber freuen! Aber erstmal pedalieren wir die geringen Steigungsprozente in Richtung Pass, die sogar vor der Einmündung der anderen Auffahrtsvarianten den auf dem Papier härteste Tagesabschnitt darstellen. Aber es ist mild, fast kühl, und die ziemlichen menschlichen 7 % stellen uns vor keine großen Probleme. Bald brechen wir durch die Wolkendecke. Wir sind begeistert! Auf 1300 Höhenmeter kommt der Anstieg mit zwei Kehren aus. Sanft, einsam, schön! Zum Glück ist heute Montag, und uns überholen vielleicht zwei Fahrzeuge, davon 0 Motorräder. Das hat droopy an einem Sonntag anders erlebt, was ich mir nach unseren gestrigen Erfahrungen lebhaft vorstellen kann.
Die Passhöhe selber liegt in einem kühlen alten Buchenwald, den man hier oben nicht unbedingt erwartet. Die Abfahrt ist toll und schnell, und schon sind wir bei Opi, 10 km vor der Verpflegung bei Eva, die aber noch nicht an uns vorbei gefahren ist. Anstatt in die bar an der Kreuzung einzukehren, fahren wir noch hinauf nach Opi, einem der più belli borghi d'Italia, einem der schönsten Orte Italiens. Was sich als Glücksfall erweist, denn nicht nur sehen wir in der Serpentinenauffahrt in den Ort über die Hochebene hinweg in die Bergwelt des Apennin, wir passieren auch einen Freiburger VW-Bus, deren Insassen mit Fernglas auf der Mauer sitzen. Was es zu sehen gäbe, möchte Paul wissen. Einen Wolf, sagen sie. Und tatsächlich. Unten durch die Wiesen der Hochebene streift ein Wolf!
Oben in Opi erwartet uns das schönste Kopfsteinpflaster Italiens. Und eine montags geschlossene Bar. Kurz darauf nehmen wir den Caffè an der Kreuzung. Der Barrista ist etwas ungehalten ob der Großbestellung. Paul hat Hungerast und bestellt ein Panino. Ich ziehe nach. Der Rest fährt schon weiter, Eva ruft. Das Panino ist maximal trocken. Paarzeitfahren nach Villetta Barea zu Eva. Viel bessere Panini! Danke Eva!
Und schon finden wir uns im zweiten Anstieg des Tages zum Valico di Monte Godi. Sanfte Steigungsprozente, aber dennoch 600 Hm zu absolvieren. Die Wolken haben sich aufgelöst, wir sehen sie nur weit und tief hinter uns. Abruzzenidylle pur mit geringer Vegetation, Hirtenhunden, Ginster, Gras, Weite! Am Valico ein Miniskigebiet. Süß! Abfahrt. Überraschung: Schlucht! Spontane Fotostopps. Natürlich hängen wir in Gruppe 1 noch den Valico Olmo di Bobbi an, auch wenn AP ihm nur drei Schönheitssterne spendiert hat. Wir erwarten nichts, und tatsächlich ist die Anfahrt sanft und ereignislos. Vegetations- und somit schattenfrei. 34 Grad zeigt der Garmin, es ist heiß. Zu heiß für uns nicht akklimatisierte Mitteleuropäer. Gut, dass wir eine halbe Stunde früher gestartet sind! Dann die Überraschung des Tages: am namenlosen Passübergang, wo wir den Valico Olmo di Bobbi als Stichstraße anhängen wollen, eröffnet sich ein Blick in den Gran Sasso von einem anderen Stern. Wahnsinn!
Die Stichstraße zum Scheiteltunnel Olmo di Bobbi ist dann per se ereignisarm, auch der Corno Grande ist iher nicht mehr zu sehen, in unserem Fall aber eine Pferdeherde, die vor uns die Flucht ergreift. Toll!
Nach der rumpeligen Abfahrt nach Goriano Sicoli sind die Flaschen leer, aber ein Einheimischer weist uns den Weg zur Sorgente Goriano, einem Prachtbäderbau antiken Zuschnitts. Großartigste Getränkeverpflegung aller Zeit im Schatten der übergroßen Quastenflosser, die die Quelle zieren. Dramatisch schlechte Abfahrt nach Raiano in die Marsica-Hochebene. Anstrengende 12 Kilometer zum Schmutzbier nach Sulmona. Was für ein fantastischer Tag!
Von Jan – Heute morgen in Sulmona starten wir wieder um halb neun - es soll heiß werden! Bei fast bedecktem Himmel fahren wir entspannt durch Ovids Geburtsstadt. Über Kopfsteinpflaster und an den Resten des Aquädukts vorbei ist dieser antike Boden einfach beeindruckend.
Die von uns gewählte Auffahrt nach Pacentro erweist sich als gesperrt, zumindest für die Auffahrt. Wir ignorieren die halbseitige Straßensperre, denn wir wissen schon vom ersten Tag, dass es für Radfahrer fast immer doch geht. Heute hätte es zwar auch eine Alternative gegeben, anders als vorgestern, aber wir sind sehr froh über keine weiteren Umwege, denn das Blockhaus am Nachmittag nötigt uns gewaltig Respekt ab. Schnell sind wir in Pacentro, wo uns quäldich-Kulturattaché und Abruzzenkenner AP über seine Passo San Leonardo-Beschreibung einen Besuch des Städtchens sehr ans Herz gelegt hat. Wir folgen den Hinweisschildern zum Ortszentrum und finden uns sogleich am Hauptplatz mit der größten der vielen Kirchen wieder. Die Bar hat geöffnet, der Caffè ist gut und schnell getrunken (wir sind bei Km 10 der heutigen Etappe). Eine Polin aus New York weist uns darauf hin, dass man im Unterdorf einen fantastischen Blick über das Tal von Sulmona hätte. Durch schmalste Gassen gleiten wir hinab und finden mit etwas Glück und Mut zur Einbahnstraßenignoranz sogleich die Panoramaterrasse. Nach dieser gelungenen Lebensart- und Neugiereinlage können wir nun die Hörner zum Angriff blasen, denn natürlich sind wir schon ans Ende des Pelotons durchgereicht worden und sammeln jetzt in regelmäßiger Folge eine Kleingruppe nach der nächsten ein, was sehr nett ist. Nett ist für diesen Anstieg allerdings eine Untertreibung: er ist wunderschön, auch damit hat AP recht, der ihn als Kleinod bezeichnet. Besonders schön für mich: hier fahren wir direkt westlich zum Monte-Amaro-Massivs hinauf, der uns vorgestern noch in weiter Ferne vom ersten Mittagessenspunkt unterhalb des Valico di Monte Bovi begrüßt hat. Und nun sind wir hier!
Marco fragt mich, ob ich die Abfahrt kenne. Nö, aber ich gehe davon aus, dass der Belag genauso gut ist wie in der Auffahrt. So ist es auch. Eine rauschende Abfahrt liegt vor uns. Rauschend und wunderschön, denn nun liegt wiederum das Gran Sasso-Massiv in seiner ganzen Pracht vor uns. Der Corno Grande mit seiner unverwechselbaren Trapezform thront über allem. Es geht weiter, immer weiter nach Norden, immer weiter bergab. Wir riechen förmlich schon das Meer: wir sind in der Provinz Pescara, und die unter uns fließende Orta entwässert über die Pescara nun nur noch ca 70 km nordöstlich von uns in Pescara in die Adria.
In Roccamorice wartet Eva mit ihrem fantastischen Mittagsbuffett, und schon sind wir im Anstieg zum Blockhaus, dem Scharfrichter des Tages und der ganzen Tour. 1500 Höhenmeter auf 19 km. Ein echtes Brett Ende Mai, zumindest von den bloßen Zahlen ein echtes Monument. Und kurz danach wissen wir: auch der landschaftliche Reiz des Anstiegs ist monumental! Bei stets knapp zweistelligen Steigungsprozenten durchfahren wir zunächst eine weite Almfläche, mit fantastischen Rückblicken auf die relativ flache Ebene vor dem Gran-Sasso-Massiv am Horizont. Bald kann man, obwohl es recht diesig ist, die Küstenlinie ausmachen, auch wenn man das Meer nicht als solches erkennen kann. Es ist hart, und heiß. Ein wunderschöner Buchenwald mit maifrischem Grün sorgt für willkommene Abkühlung, bevor sich der Blick auf das Majella-Massiv vor uns öffnet, an dessen Hang die ersten Antennen im Skigebiet sichtbar werden. Am Abzweig zur Stichstraße 6,2 km vor dem Hochpunkt nimmt die Steigung etwas ab, wie auch, glücklicherweise nur für kurze Zeit, der landschaftliche Reiz, denn die hier verbauten Asphaltmassen sind atemberaubend. Unzählige von der kürzlichen Girobefahrung liegen gelassenen Kabelbinder (im Nationalpark!) bringen uns nah an die Kotzschwelle. An einem wenig pittoresken Antennenwald verjüngt sich dann plötzlich wieder die Straße, ab hier herrscht Fahrverbot für KFZ! Das schmale Asphaltband folgt jetzt dem Grat in Richtung Majellamassiv mit den weiten Kiefernwäldern und den hohen, schneebedeckten Felsmassiven darüber. Traumhafte Blicke nach vorne links, traumhafte Blicke aber auch nach rechts und hinten tief hinab bis zum Meer und quer hinüber ins Gran Sasso. Wahnsinn
Vier Schneefelder müssen wir umgehen, umfahren und überschreiten, bevor wir auf 2068 m Höhe an einem unscheinbaren Metallherz ankommen. Wer ein Blockhaus erwartet, wird enttäuscht. Alle anderen sind begeistert! Wir legen uns (relativ fertig) ins Gras und feiern uns. Nach und nach kommen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Gruppen 2 und 3 an, fast alle fahren ganz hoch, nur eine nicht näher benannte Weißschuhfraktion zieht es vor, vor dem Schneefeld zu ruhen.
Und nun folgt die heißeste Saunaabfahrt meiner langen Radfahrkarriere. Unglaublich, wie heiß es auf einmal ist. Ende Mai in den Abruzzen.
Der Rest des Tages fällt leider etwas ins Chaos, mit einem Sturz (glücklicherweise ist E.s Schulter wohl nur geprellt und nicht das Schlüsselbein gebrochen, wie ein Krankenhauscheck mittlerweile ergeben hat) und verstreuten Gruppenmitgliedern, aber nach einem sehr guten Abendessen mit Tortelloni an Trüffel-Steinpilzsauce sind sich alle einig: das Brockhaus war all unsere Strapazen, jeden Schneemarsch und jede Hitzewelle wert.
Kaum zu glauben, dass es morgen, am Campo Imperatore, noch schöner werden soll!
(die Bilder laden bei Redaktionsschluss noch hoch)
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Das Blockhaus steht hin und wieder als Bergankunft auf dem Speisezettel des Giro d'Italia, und wegen seines deutschen Namens bleibt es auch im Gedächtnis. Tatsächlich handelt es sich um einen (ehemaligen) Außenposten der italienischen Staatsmacht im wilden Niemandsland des heutigen Majella-Nationalparks auf ca. 2100 m Höhe. Zuvor überqueren wir noch den schönen Passo San Leonardo, der Kennern als Geheimtipp gilt. Da das Blockhaus eine Stichstraße ist, kehren wir wieder um und steuern den Etappenort Scafa an.
Von majortom – Das unbestrittene Highlight unserer Reise ist das Gran-Sasso-Massiv, eine karge Hochgebirgsgegend, wie man sie so weit südlich in Italien gar nicht vermuten würde. Am Campo Imperatore erreichen wir mit 2130 m den höchsten Punkt der Woche, und die Landschaft ist sagenhaft. Da fällt doch kaum ins Gewicht, dass es sich mit um die 3000 Höhenmeter auch um die Königsetappe der Tour handelt. Am Ende der Etappe laufen wir in L'Aquila ein, wo leider immer noch die Schäden des verheerenden Erdbebens von 2009 das Stadtbild prägen.
Von Jan – Tom lästert ja gerne über mich, dass ich an epischen Tagen gerne sage: epischer Tag, jetzt müssen die Bilder sprechen.
So auch heute wieder, nachdem ich (mildernder Umstand!) allerdings noch zwei Bier mit seiner liebenswerten Gattin getrunken habe! Was für ein Tag am Campo Imperatore!
Die abendliche Abstimmung Blockhaus / Campo-Imperatore fällt 14:8 aus. Ich schließe mich an. Aber das ist ein Wettkampf auf ganz hohem Niveau.
ursprüngliche Etpapenbeschreibung.
Statt der flachen Variante im Tal fahren wir schon zu Beginn ins Gebirge, wo wir uns dem Gran Sasso auf einsamen Straßen näheren.
Von majortom – Auf die harte Etappe folgt ein potentieller Ruhetag, doch wie immer auf quäldich-Reisen wäre es viel zu schade, die Beine komplett hochzulegen. Eine Möglichkeit unter vielen, auch heute im Apennin Rad zu fahren, ist die Auffahrt zum Skigebiet am schönen Campo Felice.
Von Jan – Abruzzenplaner und quäldich-Reise-Mastermind majortom hat uns heute eine echte Ruhetagsmöglichkeit in die Abruzzenwoche eingeplant. Zwei Nächte bleiben wir in l'Aquila, und damit müssen wir einmal nicht Koffer packen. Wie entspannt! Hintergrund ist natürlich, dass der Campo Imperatore für sein Schlechtwetter berühmt ist. Mit der Doppelübernachtung hätten wir heute eine zweite Chance gehabt. Hätten, brauchen wir aber nicht, weil wir eine unglaublich schöne Maiwoche für diese Reise erwischt haben.So ein Glück! Zwar hat uns gestern am Campo Imperatore am letzten Steilstück ordentlich der Wind im Gesicht gestanden, aber wenn man sieht, wie der Giro in den letzten Jahren ins Wasser gefallen ist, dann brauchen wir uns wahrlich nicht zu beschweren über unsere Gluthitze am Blockhaus vorgestern. Ich persönlich mag es ja besonders gerne, wenn man vom Berg in die Ebene gucken kann, und von daher hat mich das Blockhaus mehr überwältigt als der Campo Imperatore. Der natürlich auch einzigartig ist. Und ich gebe Droopy und AP recht, die die beiden Anstiege auf die Hochgebirgsmonumente gesetzt haben: man muss sie einfach beide fahren.
Und wir sind sie beide gefahren, an aufeinanderfolgenden Tagen. So können wir uns heute ganz entspannt dem Ruhetag zuwenden. Einige ziehen auch vor gar nicht zu fahren, Gruppe 2 spricht sich für die kurze Variante aus, Gruppe 1 fährt lang. Der sehr sanfte Anstieg zur Forca di Castiglione erweist sich als überaus ruhetagskonform. Unten haben wir sogar die Ehre, dagmarr und Stephan kurz in unseren Reihen begrüßen zu können. Das ändert sich am Abzweig zum Campo Felice, wo sich die Strecken teilen. Sogleich zieht die Meute von Gruppe 1 davon, bis sie von einer Herde freilaufender Pferde ausgebremst wird. "Wenn der Hengst sich in den Weg stellt, ist es klüger, zurückzuziehen", stellt Hartwig fest, der sich uns gemeinsam mit Sven spontan angeschlossen hat. Beeindruckende Tiere! Oben an der Forca gibt es nichts als ein Almgebäude, in dem wohl gerade gekäst wird. Uns gelüstet es nach Caffè, also drehen wir um. Der Caffè auf der anderen Seite des Passes hätte 40 km Zusatzschleife bedeutet, inkompatibel mit unserer Mittagsreservierung in Rocca di Cambio. Es geht also den gleichen Weg zurück. In der Abfahrt fehlt von der Pferdeherde jede Spur.
Kurz darauf sind wir zurück am Abzweig. Unspektakulär zieht die gut zweispurig ausgebaute Straße nach oben Richtung Skigebiet. An der parallel liegenden Autobahn sehen wir mal wieder die Schäden des Erdbebens von 2009. Auch die abenteuerliche Kehrbrücke ist zur Hälfte neu gebaut. Der Campo Felice erweist sich als kleiner Bruder des Campo Imperatore. Es ist nicht ganz so einsam hier, aber mehr Einsamkeit braucht's kaum. Autos? Vielleicht drei. Ohnehin... seit wir dem Motorradwahnsinn hinter Tivoli entkommen sind (Km 30 der Reise) haben wir kaum Verkehr. Die Abruzzen bedeuten Einsamkeit pur!
Durch einen eineinhalb Kilometer langen Tunnel rauschen wir schnell hinunter in Richtung Rocca di Cambio. Über abenteuerliche Wege finden wir zum Ristorante il Caminetto, wo Gruppe zwei schon an unserer langen vorreservierten Tafel auf der Straße sitzt. Die Neuankommenden essen alle Chitarre Aquilane, also handgemachte "Spaghetti" mit Safran, Trüffel, Pancetta und Steinpilzen. Göttlich! Italienische Lebensart auf der Entdeckungsreise in die Abruzzen. Das Essen ist so gut, dass wir uns noch drei Gerichte teilen: Wildschwein-Parpadelle, Brocolli-Parpadelle und Ravioli Giganti mit Steinpilzsauce. Sensationell! Zum Glück haben wir bei den längeren Etappen Eva bei uns, die uns schnell und gut aus dem quäldich-Bus verpflegt! Zum Glück haben wir heute Zeit für dieses tolle Essen.
Nun rauschen wir noch hinunter nach l'Aquila und sind früh im Hotel. Urlaub!
Von Jan – Heute ist ein trauriger Tag für die Freunde des Apennin. Heute ist ein trauriger Tag für die Freunde Italiens. Heute mussten wir in tiefer Trauer die Sella di Leonessa zu Grabe tragen.
Die Sella di Leonessa, so liest man in APs vorzüglicher Passbeschreibung, war bis dato der höchste Passübergang des Apennin, mit 1900 m Höhe laut quäldich und 1895 m laut Passschild. Er war einmal, denn heute haben wir auf unserer Befahrung erfahren müssen, dass er schon seit letztem Jahr gesperrt ist. Die Locals fahren natürlich weiterhin drüber, aber auf halber Höhe verhindert eine massive, hüfthohe Betonsperre die Weiterfahrt für alle Kraftfahrzeuge, und auch die Räder muss man darüber heben. Da in diesem Jahr laut Strava schon 18 Personen drüber gefahren sind, entscheiden wir an Evas (wie immer fantastischer) Mittagsverpflegung bei Leonessa, die dort ausgeschilderte Sperre zu ignorieren.Wenig später hält erst ein Baufahrzeug, dann ein PKW an unserer Verpflegung. Schon der Bauarbeiter ("ich habe nichts gesagt"), gibt uns zu verstehen, dass man mit dem Rad, aber nur mit dem Rad fahren kann. Wenig später wünscht uns auch sein Vorgesetzter aus dem PKW "buon divertimento", viel Spaß also.
Solcherlei bestätigt schlagen wir die Alternativroute über den Valico Torre Fuscello in den Wind und gehen siegesgewiss die Auffahrt an, die dagmarr und ich schon von Garmisch-Rom 2019 kennen. Aber wie hat sie sich verändert, in den drei Jahren! Erst versperren uns mehrere Kuhherden den Weg. Die Natur nimmt sich den Raum zurück! Dann, nach der Betonsperre, ist die Straße tatsächlich übersäht von Felsbrocken. Angesichts der Schneefelder und der Felsbrocken wird mir dann doch mulmig, und ich warte am technisch anspruchsvollsten Stück, bis alle Teilnehmer von Gruppe 1 und 2 durch sind. Hoffentlich geht das gut!
Es geht gut, dennoch kann ich die hochalpine Passage durch die letzten Kehren kaum genießen. Ein lokaler Radsportler, der mit seinem Gravelbike unterwegs ist (er weiß, warum), informiert uns, dass der Pass schon seit einem Jahr zu ist. Und dass keine Pläne bestehen, ihn wiederherzustellen. Die Sicherung der instabilen Felswand im oberen Bereich der nördlichen Passstraße würde wohl zu hohe Kosten verursachen. Wie traurig, immer mehr Passstraßen der Region werden dem Verfall überlassen, wie schon seit 2009 der Valico di Serra Sant'Antonio, den wir gerne auf unserer ersten Etappe mitgenommen hätten. Ein Hoch also auf Peter*, den letzten quäldich-Teilnehmer, der (vermutlich je) die Sella di Leonessa bezwungen hat.
Passchild, Abfahrt nach Rieti, zum Mittelpunkt Italiens inmitten der sehr schönen Altstadt!
*Name von der Redaktion geändert.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Heute geht es über den höchsten Passübergang des Apennin, die 1900 m hohe Sella di Leonessa am 2217 m hohen Monte Terminillo. Bevor wir den Pass mit immerhin knapp 1000 Höhenmetern am Stück in Angriff nehmen, müssen wir jedoch noch auf einsamen Straßen ein Stück nach Norden fahren. Zum Abschluss des Tages genießen wir eine rauschende Abfahrt vom Terminillo bis nach Rieti.
Von Jan – Die heutige Etappe in die ewige Stadt steht unter einem guten Stern, schließlich habe wir die Etappenbesprechung gestern Abend am Mittelpunkt Italiens abgehalten, der in Rieti an einem netten Platz schön ausgeschmückt ist. Überhaupt... Rieti... so ein schönes Städtchen! Nichts erinnert hier an das größte quäldich-Fiasko aller Zeiten, als wir in Monte Terminillo in eine baufällige Ruine einquartiert wurden. Nein, unser Hotel eine Abfahrt später in Rieti ist toll, das Essen reichlich, die Stadt pittoresk und – am Mittelpunkt Italiens gelegen. Am anschließenden Grappa in der Bar am nahen Hauptplatz wurden die Geschichten der letzten Tage ausgetauscht, Lieblingsanstiege und nächste Pläne diskutiert. Aber Moment! Ein Schritt fehlt uns noch: die letzte Etappe nach Rom. Und die soll unfallfrei bleiben.
Bei letzten Etappen habe ich ja immer ein mulmiges Gefühl. Zu oft ist dann eben doch noch etwas passiert, wenn die Konzentration abfällt und man gefühlt schon da ist. Ist man aber erst, wenn das Fahrrad im Hotel abgestellt wird! Solcherart eingeschworen machen wir uns hochkenzentriert auf die 116 km lange Abschlussetappe mit nur 1300 Höhenmetern, erklimmen die Muro Pizzo mit schönem Rückblick auf den Turano-Stausee und nehmen einen schnellen Caffè in Orvinio, mal wieder eines der Borghi più belli d'Italia. Der Caffè, ohjemineh! kommt in Pappbechern! Und ist doch SO gut. Italia! In der Abfahrt liegt die letzte Verpflegung versteckt in Licenza zwischen Grundschule und Tiefgarage, in der es nicht schön, aber einigermaßen kühl ist! Den Standpunkt werden wir noch einmal überdenken...
Den ganzen Tag sind wir schon an Hinweisschildern nach Carsoli vorbei gefahren, das wir vom Samstag noch in guter Erinnerung haben, da wir dort dem Motorradwahnsinn entfliehen konnten, das wir aber heute nur in der Ferne passieren. Aber nun schließt sich wenige Kilometer vor Tivoli der Kreis. Und, oh Wunder: das befürchtete Motorrad-Massaker bleibt aus. In Tivoli weist uns Paul den schöneren Weg durch die Altstadt, mit Wasserfall und einem letzten caffè vor der Ankunft. Am Panoramabalkon blicken wir bis Rom und fahren dann in die Schwüle der Tiefebene von Lazio, die aber dieses Jahr gar nicht so drückend ist wie beim letzten Mal, 2019, auf dem Weg von Garmisch nach Rom. Aber die Strecke erweist sich als genauso verkehrsfrei, und wieder erscheint unmittelbar vor uns das Colosseum! Unfallfreie Abschlussetappe!
Wir. Sind. Rom.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Alle Wege führen nach Rom. Wenn man bedenkt, dass wir in Tivoli gestartet sind, war unser Weg nach Rom ein unnötig langer. Was lange währt, wird also endlich gut, wenn wir nach einem Abstecher zum Turano-Stausee so langsam das Gebirge verlassen, erneut Tivoli durchqueren und uns dann durch die Großstadt zum Kolosseum vorarbeiten. Angst vor dem Stadtverkehr in Rom braucht man jedoch keinen zu haben. Die vielen Vespas und Fiat 500 sind zwar schon gewöhnungsbedürftig; wir kennen jedoch von unserer Grand Tour Garmisch-Rom den besten Weg in die Stadt hinein. Und ehe wir uns versehen, stehen wir vor zweitausend Jahren Geschichte am Kolosseum, und unsere Abruzzen-Woche geht zuende.