Von jad fair –
Nach der Anreise aus Süddeutschland kam ich am 11.07.2008 gegen 16 Uhr im Hotel Bellaval in Scuol an. Ich war nervös und fragte mich „wie fit sind die anderen“, „komm ich da überhaupt mit über den Berg oder müssen die auf mich warten“, „haben die alle rasierte Beine“ und „sind das alles völlige Fahrradverrückte die erst dann zufrieden sind, wenn der Maximalpuls erreicht ist“ usw. usf. Aber Näheres dann am Ende des Berichtes.
Im Juni habe ich in der Tour über die 3 Ländertour von quäldich.de gelesen und meine Frau meinte zu mir: „da meldest du dich an!“ Ich hatte bis dato noch keine Alpenpässe gefahren, lediglich ein Paar Runden im Schwarzwald. Ich meldete mich an und nun gab es kein zurück mehr. Nach einem ersten Telefonat mit Jan reduzierten sich meine Befürchtungen, was die Fitness und die Bergübersetzung des Rades betraf. Ich fühlte mich gut, es schien so, als ob es eine nette Gruppe sei, in der auch mal nach links und rechts geguckt werden konnte und bei der nicht permanent der Maximalpuls schlug. Womöglich genau das, was ich suchte:
Mit anderen Teilnehmern in einer traumhaften Alpenlandschaft Rennrad fahren und dabei auch oben am Pass zusammensitzen und abends gemütlich im Pool oder der Sauna relaxen können.
In Scuol war das Hotel sehr schön und ich ging auf mein Zimmer, um mein Gepäck abzustellen. Nach einem kurzen Kaffeebesuch in Scuol kam ich zurück wo bereits die ersten Teilnehmer gemütlich auf der Terrasse zusammensaßen und ihre Erfahrungsberichte austauschten. Ich erkannte die Gruppe teilweise an ihren „Berge statt Doping“ T- Shirts aus der Kollektion von Jan.
Ich lud mein Rennrad aus dem Auto, stellte es in den vorgesehenen Fahrradkeller und setzte mich zu den anderen. Das Kennen lernen ging schnell, nur mir dem Namen sollte es zumindest bei mir bis zum dritten Tag dauern, ehe ich alle parat hatte. Dabei gab es drei „Daniels“, insofern hatte man gute Chancen, dass sich einer umdreht, wenn man „Daniel“ rief.
Insgesamt waren wir zu zwölft, elf Männer und eine Frau. Altersmäßig verteilten wir uns zwischen 20 und 46 Jahre und kamen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Nach einem guten Abendessen kündigte Thorsten noch seinen bevorstehenden Geburtstag Tags darauf an und wir freuten uns über seine Einladung zur flüssigen Nahrung! Herzlichen Dank nochmals!
Bei einigen Teilnehmern war der Kohlenhydratspeicher nach dem Abendessen offenbar noch nicht genügend gefüllt, so dass eine Extraportion Nudeln fällig wurde.
Wir verabredeten uns auf 9 Uhr Abfahrt am nächsten Tag, „es ist euer Urlaub, ihr müsst wissen, wann ihr los wollt“ meinte Jan und ich dachte „Moment - Urlaub kann auch anders aussehen, als knapp 9000 Höhenmeter vor sich zu haben...“, aber das ist ein anderes Thema...
Nach einer unruhigen Nacht gab es ein sehr gutes Frühstück, bei der noch mal ordentlich die Grundlage für den bevorstehenden Tag gelegt wurde. Die Sonne schien, jedoch war die Großwetterlage alles andere als beruhigend, es war ein Dauerregen mit ordentlichen Temperatursturz für die nächsten Tage angekündigt. Schade. Ob ich meine Regenhose noch brauchen werde, die ich eigentlich gar nicht mitnehmen wollte? Zumindest die Überschuhe und die 100% Regenjacke gehörten bei mir bei dieser Wetterprognose zur Standardausrüstung (... ich sollte leider noch Recht behalten).
Pünktlich gegen 9 Uhr ging es los Richtung Ofenpass, wir fuhren hintereinander her und Jan hatte seine Helmkamera dabei („wiegt ungefähr soviel wie ein Twix!“)
Über Susch und Zernez ging es zügig voran und die Westanfahrt auf den Ofenpass kündigte sich dadurch an, dass im Feld allgemein auf die kleineren Blätter geschaltet wurde.
Das Peloton teilte sich und jeder fuhr sein eigenes Tempo den Pass hinauf, so dass kontemplativ in die Natur eingetaucht werden konnte.
Der erste Regen setzte ein, die Luft roch gut nach Kiefern und nassem Holz und es war angenehm warm. Die Regenjacke wurde übergezogen und weiter ging es.
Der Pass teilt sich in zwei Teile mit einer kleinen Abfahrt zwischendurch auf. „Nicht dass ihr denkt ihr seid dann schon oben, wurden wir vom Guide „motiviert“. Nach einem 12 km langen Aufstieg nach Ova Spin tauchten wir in den Ofenpassnationalpark ein. Herrliche Ausblicke ins Tal luden zum Verweilen ein, jedoch freuten wir uns auf die 6 km lange Abfahrt die am Abbieger zum Livignotunnel endete. Nun ging es zum zweiten 10 km langen Anstieg, der aus meiner Sicht gut zu bewältigen war und nur am Ende mit ca 10 Prozent noch einmal steiler wurde, aber die Wadeln waren noch frisch, jung und hungrig.
Oben am Ofenpass warteten wir in einem kleinen Restaurant aufeinander, die ersten Kohlenhydratteller und Engadiner Nusstorten wurden geordert und bahnten sich ihren Weg durch die Unendlichen Weiten des Magens. Die Kleider trockneten an der Heizung und bald ging es die herrliche 13 km lange Abfahrt bei trockener Strasse hinab. Die aufkommende Sonne zeigte sich wieder und in Santa Maria meinte Torsten zu mir, dass wir hier morgen übernachten würden. Wir fuhren durchs Münstertal weiter zur italienischen Grenze und betraten das Vinschgau Richtung Mals.
Der Reschenpass folgte und wir fuhren über wunderschöne, einsame Strassen Richtung dem Reschensee. Hier ging es ordentlich hinauf, teilweise über 15%. Der Regen setzte erneut ein und es wurde langsam kälter. Die Fahrt ging über kleine asphaltierte Wege durch einen Kiefernwald Richtung Reschenpass. Wir folgten einem Radweg westlich des Reschensees mit dem berühmten Kirchturm im Wasser, dem Sinnbild des unaufhörlichen Wandels der Zeit. Der Regen wurde stärker und kündigte unruhige Tage an.
Wir freuten uns alle auf ein warmes Hotel in Nauders, das mit Pool und Sauna aufwartete und wurden nicht enttäuscht. Besonders der Wäscheservice (abends verschwitzte und nasse Kleidung abgeben und morgens trocken bekommen) trug zum allgemeinen Wohlbefinden bei. Ein klasse Abendessen mit einer Salatauswahl die Ihresgleichen sucht fand ebenso allgemein Wohlgefallen wie die Hauptspeise. Der Wetterbericht kündigte Regen und Kälte für den nächsten Tag an, mal sehen, ob das Stilfser Joch tags drauf doch noch möglich ist. Mein PC-Bildschirm im Büro hat mich jeden Morgen mit dem Anblick des Aufstiegs angeblickt und motiviert.
Die ersten Alpenpässe sind gut überstanden und waren problemlos zu fahren. Die Lust auf mehr wurde geweckt und ich freute mich auf morgen.
Ach ja und übrigens: nach dem ersten Tag wusste ich dann, alle sind sehr nett und sympathisch, ich komme gut am Berg mit und Haare an den Beinen sind dran, oder?
Bereits am ersten Abend habe ich mich entschieden, dass dies nicht meine letzte quäldich.de Tour sein wird.
Gute Nacht, der Berg ruft und morgen geht’s hoffentlich hinauf!
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren