quaeldich-Guide-Massaker in Vorarlberg 201,9 km / 4130 Hm
Rätische Alpen, Alpen, Bregenzerwaldgebirge, Allgäuer Alpen, Montafon, Lechtaler Alpen, Tirol, Vorarlberg
Redaktionell bestätigte Tour von Jan
Von Jan –
Bereits zum 8. Male trafen wir uns am Wochenende zum quaeldich.de-Teamtreffen, diesmal im Allgäu, wo sich Heroisches ereignete.
Hintergrund: quaeldich-Teamtreffen
Traditionell geht es bei diesem Treffen nicht ums Arbeiten für quaeldich.de, sondern hauptsächlich um die gemeinsame Abendgestaltung und nebenbei um gemeinsame Ausfahrten, die von Rücksichtnahme des Stärkeren auf den Schwächeren geprägt sind.
Hintergrund: Die quaeldich-Guide-Regeln
Um den vollen Umfang der Verwicklungen des Samstags verdeutlichen zu können, muss ich etwas ausholen und von den quaeldich-Reisen berichten. Dies ist keine Werbeeinblendung, sondern für das Verständnis des geneigten Lesers unabdingbar. Auch hier geht es ums gemeinsame Radfahren in meistens drei oder mehr Gruppen, die dann möglichst leistungshomogen sind, so dass auch hier ein Jeder Rücksicht auf den anderen nehmen kann und das Warten am Gipfel nicht allzuviel Zeit in Anspruch nimmt. Zusammengehalten werden diese Gruppen radsportenthusiastischer Individualisten jeweils von einem quaeldich-Guide, der sich an eine Reihe von Guide-Regeln halten muss, die zusammengefasst einen empathischen, kommunikativen Unfallchirurgen fordern, der zugleich ein sowohl technisch als auch körperlich kompletter Radfahrer ist. Auf einige Regeln werde ich unten eingehen. Regel 1 vorab: Guiden ist kein Urlaub. Es ist Arbeit. Um die quaeldich-Guides vor zu vielen Mitleidsbekundungen zu bewahren sei hinzugefügt: eine sehr lohnenswerte Arbeit, bei der man die Welt sieht, auf starke Persönlichkeiten trifft und von diesen zumeist auch viel Anerkennung für gute Arbeit bekommt.
Hintergrund: Lukas brennt
Wichtig zu wissen ist auch, dass wir das Teamtreffen erstmals in den Oktober gelegt haben, damit auch Lukas daran teilnehmen kann, der zu dem traditionellen Termin Anfang Mai einfach zu stark in die Durchführung seiner Ligurienreisen eingebunden ist (die er von allen quaeldich-Reise-Organisatoren wohl mit der größten Hingabe betreut). Lukas war also zum ersten Mal seit Jahren endlich wieder dabei. Und Lukas hatte gerade den Saisonausklang in Ligurien in den Beinen, bei dem das erklärte Ziel lautete, die Zitrone bis zum Letzten auszuquetschen. Es wurde auch alles versucht, das zu erreichen, wie die Berichte lebhaft belegen. Es wurden auch viele Zitronen ausgequetscht, aber nicht die von Lukas; in ihm entfachte der Versuch ein zuvor in dieser Intensität nicht gekanntes Feuer, und das Teamtreffen sollte ihm Gelegenheit geben, die Kraft dieses Feuers auf die Straße zu bringen.
Hintergrund: Der Chef hat gute Beine
Zur weiteren Zuspitzung führte die von Lutz verbreitete Kunde aus der Sierra Nevada von den Monster-Beinen des Chefs, von Eule als Kraftwerke bezeichnet (Schenkel zu Kraftwerken in 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Etappen).
Lukas forderte im internen Forum: Ich will echte Berge. Ich will schnell fahren. Bergauf. Bergab. 200 km mit 4.000 Hm Minimum. Persönliche Kommunikation an Jan: Ich will Schwanzmessen.*
Verwegene Pläne
Schon kursierten Planungen, z.B. den Ötztaler nachzufahren. Es folgten Diskussionen und der Versuch eines Machtworts vom Chef: „So ein Quatsch. Wir fahren eine gemeinsame Runde wie immer. Wir treffen uns im Allgäu, also fahren wir durchs Allgäu, und der Testosteron-Überschuss kann an optionalen Stichstraßen abgebaut werden.”
Die Läuterung des Chefs: Allgäurampen sind kein Rennrad-Revier
Dass alles anders kam, lag auch an den Erfahrungen der ersten Allgäu-Ausfahrt am Freitag. Das Wetter war schlecht, und als sich das gegen Mittag änderte, machten wir uns zu einer ersten Runde auf, die uns auf den Mittagberg und zur Grüntenhütte führen sollte, zwei allgäutypisch üble Stichstraßen mit langen Abschnitten über 20 % Steigung. Wir quetschten uns den Mittagberg hoch, kämpften mit Traktionsproblemen, würgten und fluchten und waren uns oben einig, dass dieses Gequetsche mit Rennradfahren absolut nichts zu tun hat, zumal die steile, rutschige Abfahrt kaum schneller absolviert werden konnte als die Auffahrt. Kurzerhand strichen wir die Grüntenhütte und verlängerten das Rollen über die Wellen des Allgäus. Damit war der Testosteron-Abbau an Stichstraßen schlagartig vom Tisch.
Lukas setzt sich durch
Abends traf Lukas ein, und die von stb hingebungsvoll gestaltete 4000-Hm-Runde durchs Allgäu wurde geopfert (Lukas: „Ich will kein Sägezahngefissel, ich will lange Anstiege und schnelle Abfahrten”), und mittels einstimmigen Beschluss durch eine Autofahrt nach Bludenz und folgende zwei sozialverträgliche Runden ersetzt: Die Schwanzmessgruppe (Lukas, tobsi, Roli, Reto, Cristian und Jan) sollte mit den fünf Pässen Silvretta, Arlberg, Flexen, Hochtannberg und Faschina genug Gelegenheit finden, ihr Feuer zu löschen. Alle anderen (dbeckel, Reinhard, Torsten) suchten in der Runde über Silvretta und Arlberg ein würdiges letztes Jahreshighlight in den Alpen. Es war großartiges Wetter vorhergesagt.
Erstmals in der achtjährigen Geschichte des Redaktionstreffens blieb es am Freitag abend bei Apfelschorle und Mineralwasser. Die Abfahrt wurde für Samstag, 7 Uhr angesetzt. Somit endete der Abend spaßbefreit mit einer frühen Bettruhe, aber voller Vorfreude der Meisten auf eine ungezügelte Fahrt. Ich will nicht verhehlen, dass ich gehörigen Respekt vor der Runde hatte. Noch letztes Jahr war ich stolz, eine halbe Etappe mit den Großen (Lukas, Roli, Reto, Tobias, die vier wohl stärksten quaeldich-Redakteure und -Guides) mitspielen zu dürfen, und jetzt stand mir in dieser illustren Begleitung eine Monsterrunde bevor.
Der Aufbruch. Der Ereignisse erster Akt
Um 7 Uhr verladen wir nach einem schnellen Frühstück die Räder. Es ist noch völlig Dunkel, am Horizont hebt sich ein Streifen Morgendämmerung über den Kamm der Allgäuer Alpen. Cristian, der mit seinem Blog www.dieketterechts.com dieses Jahr einige quaeldich-Reisen begleitet und dokumentiert hat, hält auch diesen Moment fest. Die Stimmung ist gut, wir sind bereit zu epischen Taten.
In Bludenz telefonieren wir uns chaotisch zusammen (Organisations-Kompetenz?), und um 8.35 Uhr sitzen wir auf dem Rad. Es ist allenfalls dämmrig, und zügig, aber nicht schnell fahren wir ins Montafon hinein. Für 10 Minuten. Dann greift Lukas an. Ich kaue gerade an meinem ersten von drei mitgeführten Brötchen. Roli setzt Lukas nach. Ich setze Roli nach. Das gebietet der Sportsgeist. Lukas will Zeitabstände, Lukas will wissen, wie weit meine Beine tragen. Er soll es erfahren, wie auch immer es ausgeht. Cristian entfährt ein: „Was macht's denn ihr?”.
Silvretta rauf
Das Tempo ist obszön hoch, aber bis Partenen ist fast Brandenburg. Roli, Lukas und ich wechseln gleichmäßig in den Wind. Reto und tobsi sind hinten, zwei Maschinen, die jederzeit zurückschlagen können. In Partenen, wo die Silvretta-Hochalpenstraße ihren Ausgang nimmt, wage ich erstmals einen Blick zurück – nichts in Sicht, es kann weitergehen. Schon in der ersten Rechtskehre lassen wir den Abzweig aufs Zeinisjoch links liegen. Roli will seiner Sammlung einen weiteren 2000er hinzufügen, und wann soll man die Silvretta fahren, wenn nicht heute, an einem frühen Morgen Mitte Oktober, wo viele Motorräder schon eingemottet sind, und deren Fahrer ohnehin noch schlafen. In den ersten Kehren erreichen uns die ersten Sonnenstrahlen. Die Bergkämme hoch über uns sind schon in gleißendes Licht getaucht, über ihnen der stahlblauer Himmel. Das Tempo ist jetzt naturgemäß niedriger, aber die Steigrate zeigt immer wieder 1300 Hm/h an. Herrlich, ohne Rucksack zu fahren (Guideregel 2.4: die Guideaustattung von Erste-Hilfe-Set über Ersatzreifen bis zur Mini-Standpumpe erzwingt einen Rucksack). Meine Beine sind sensationell, aber der Tag ist lang, und ich frage mich, ob ich bei diesem Tempo überhaupt auf dem ersten Pass ankomme. Frage an die Mitstreiter, ob wir nicht mal 100 Hm/h raus nehmen können. Roli: „Ja, mach doch.”
Dennoch nehmen wir raus, lullern mit knapp 1000 Hm/h dahin. Weit unter uns sehen wir Reto und tobsi, die werden uns wohl nicht mehr einholen. Dennoch spornt uns der Anblick an; wir erreichen wieder unsere vormalige Reisegeschwindigkeit und die Großbaustelle des unteren Stausees mit dem ersten Flachstück. Das durchfahren wir noch gemeinsam, dann forciert Lukas das Tempo, Roli kann es halten, aber ich muss abreißen lassen. Lukas ist als erster oben und hat Roli ein paar Sekunden abgenommen, und mir kann er nicht mal den Rückstand sagen. „ES GEHT NUR UM ZEITABSTÄNDE”, UND ER KANN MIR NICHT DEN RÜCKSTAND SAGEN.
Tobsi sieht zerstört aus. Cristians Sache ist Kette links heute nicht.
16 Grad am 18. Oktober auf 2032 m Höhe! Wir setzen uns etwas in die Sonne, bis alle Trinkflaschen gefüllt sind.
Silvretta runter
Wir haben gestern abend lange über den genauen Startort und die Richtung der Runde philosophiert. Letztlich haben wir Bludenz ausgewählt, weil dann beide Gruppen den gleichen Startort haben, und in dieser Richtung stellt sich die Silvretta als echter Berg da. Aus der Gegenrichtung zieht sie sich durchs Paznaun kilometerlang zäh dahin – kein würdiger Abschluss eines epischen Guide-Battles. Aber nach den vier Kehren gleich zu Beginn müssen wir dieses zähe Kaugummi nun runter, 40 km mit gefühlt 2 Prozent Gefälle. Wir machen das Beste draus und versuchen uns im belgischen Kreisel, was aufgrund fehlender Übung erst kaum, dann leidlich klappt. Auf jeden Fall sind wir schnell. Tobsi erkennt dank Wattmess-Kurbel, „dass ich auf dem Weg nach vorne viel mehr treten musste als auf dem Weg zurück”. Grandiose Erkenntnis, für die er den Spezialpreis der Jury erhält.
Die letzten Meter der ersten Abfahrt in rasender Fahrt unter der Eisenbahnbrücke hindurch, sogar mit Foto. Reto meint: „der härteste Abschnitt der Tour”.
Arlberg rauf
Kurioserweise müssen wir nicht mal abbiegen, um unsere Fahrt Richtung Arlbergpass fortzusetzen. Am Abzweig zur Autobahn kurze Verwirrung, bevor wir den Weg auf die Panoramastraße Richtung Arlberg finden. Ich hatte immer gedacht, die Straße sei murks, weil zu viel befahren, aber heute ist rein gar kein Verkehr, und auch sonst schluckt wohl alles die Autobahn. Am Eingang der Passstraße stutzen wir kurz, denn es ist eine Sperrung hinter St. Christoph ausgewiesen. Erst hinter St. Anton am Arlberg macht die Steigung ernst, und wir fahren zügig, aber gemeinsam auf den Pass. Lukas: „Danke fürs ziehen, schneller wärs nicht gegangen.”
Oben gucken wir uns nach einer Einkehrmöglichkeit um, aber die Wirte sparen sich schon die Kraft für die Skisaison.
Arlberg runter
Wir entschließen uns, die Straßensperre an der Passhöhe zu ignorieren. Ein Asphaltkipper hatte uns überholt, und somit handelt es sich wohl nur um Straßenarbeiten, nicht um Sprengungen, und so ist das Schlimste, was wir erwarten, ein kurzer Fußmarsch.
Glücklicherweise sind die weiten Kurven gut einsehbar, und so wird das Abfahrtsvergnügen kaum durch die Gefahr eines plötzlich erscheinenden Baustellenfahrzeugs geschmälert. An der Baustelle weisen uns die Arbeiter freundlich den Weg über die Leitplanke, und nach einem gewissen Fußmarsch wagen wir uns auf den warmen Asphalt, der glücklicherweise kaum klebt.
Flexen rauf und runter
Hinter der Baustelle informieren wir die Gruppe 2 per SMS über den Grund der Straßensperre und biegen zum Flexenpass ein, der aus dieser Richtung eigentlich aus nichts mehr als einer langen, kühn in den Fels geschlagenen Galerie besteht. Schon von unten denke ich mir, dass diese Auffahrt sicherlich besser anzuschauen als zu befahren ist, und so kommt es auch. Am dritten Anstieg zeitigen sich gewisse Ermüdungserscheinungen (geschenkt wird sich trotzdem nichts), und alle sind für eine Einkehr in Lech, wo wir in das erste geöffnete Restaurant einfallen und herrlich in der Sonne sitzen. Wir genießen den Augenblick, allen ist ein breites Grinsen eingemeißelt. Was für eine verwegene Tour, was für ein grandioser Tag für einen 4000er im Oktober, wie herrlich ist es hier in der Sonne.
Und was für eine unfähige Bedienung, der wir, weil der Kaiserschmarrn 20 Minuten braucht, zu verstehen geben, dass wir dann vorher noch die Spinatknödel nehmen. Und die uns dann trotzdem noch 20 Minuten warten lässt. Aber egal, wir haben 20 km Vorsprung vor unserem virtuellen Partner... der mit 1100 Hm/h und 31 km/h eingestellt ist.
127 €-Rechnung (5 Knödel, 2 Kaiserschmarrn, fünf Apfelschorlen). Die Pause war uns lieb und teuer.
Hochtannbergpass rauf und runter
Ah,... jetzt gehts wieder. Gemeinsam bringen wir mächtig Zug auf die Kette, und rollen über den Hochtannbergpass in die rasante Abfahrt. Erstmals erleben wir heute den Verkehr, der an Sommertagen vermutlich noch schlimmer ist. Ein Motorrad schießt mit mindestens 120 km/h kurz vor einer Kehre an uns vorbei, so dass ich kurz rausnehme und den Kontakt zu Lukas zu verlieren drohe, der hier in altbekannter, aber längst nicht mehr praktizierter Manier zu Tale schießt (Guideregel 8.2: der Guide fährt in der Abfahrt hinten; Guide-Regel 8.3: wenn mehr als ein Guide in der Gruppe, hält sich dieser in der Abfahrt zurück, um niemanden zum Rasen zu animieren)
Faschinajoch rauf. Der Ereignisse letzter Akt
Vor 15 Jahren hatte ich mich zuletzt über das Faschinajoch informiert. Jetzt, im ersten Steilstück, erinnere ich mich daran, dass sie lange, steile Abschnitte enthält. tobsi drückt mächtig aufs Tempo. Seine Beine sind schlecht, keine Frage, das ist nicht sein Tag. Meine Beine waren den ganzen Tag über sensationell, und ich mache mir keine Illusionen darüber, wie ein Zweikampf ausgeht, wenn die Tagesform andersrum ausfällt. Aber heute möchte ich ihn auch am Faschinajoch nicht ziehen lassen, und ich drücke was geht. Nach dem Steilstück erhoffe ich mir eine gewisse Ruhephase, aber Lukas greift wieder an, und Tobias geht ihm nach. Keine Chance für mich, ich hoffe, dass ich Reto und Roli halten kann. Reto beginnt zu jammern, dass er ja wohl heute die schlechtesten Beine hätte. Ich hefte mich an Rolis Hinterrad. Keine Chance mehr, die Initiative zu ergreifen. Wir sind bei Km 170, erreichen bald die 4.000 Hm, meine Kraft schwindet. Mein Garmin hat mir den ganzen Tag über 360 Watt angezeigt (heute will er mir schmeicheln), am Hochtannbergpass konnte ich sie noch halten. Dann das Flachstück in Damüls. Ich will nicht die ganze Zeit lutschen und gehe kurz in den Wind. In der langen Galerie vor der Passhöhe merkt Roli, dass Tobsi vorne nicht mehr zusetzen kann und beschleunigt, Reto setzt ihm nach. Bei mir gehen die Lichter aus, 150 Hm vor der Passhöhe bringe ich nur noch 250 Watt aufs Pedal. Ich drücke mir das erste Gel des Jahres rein und erreiche als Letzter die Passhöhe. 4000 Hm richtig Druck gehabt, und 150 Hm vor Schluss geht das Licht aus. Aber egal, ich konnte bis zuletzt mit den Großen mitspielen.
Respekt
Lebenskunde vom quaeldich-Chef: Ebenso, wie man sich nach einem Fehler nicht rechtfertigen, sondern entschuldigen sollte, gehört es sich nach sportlichen Niederlagen, den Überlegenen Respekt zu zollen anstatt nach Rechtfertigungen zu suchen. Das fällt mir leicht: ich hatte heute die besten Beine meiner Rennrad-Historie, und die haben nicht gereicht. Respekt an alle die schneller waren.
Ankunft
Den Rest der Runde bestreiten wir gemeinsam: die rasante Abfahrt vom Faschinajoch (Gegenargument für Carbonbremsflanken), die Welle hinauf nach Blons, und dann die Tour d'Honneur zurück nach Bludenz, in der uns Tobsis Hinterrad sogar einen Salutschuss gönnt: Reifenflanke aufgeschnitten, wir holen Tobsi mit dem Auto ab. Glück gehabt, das hätte auch in Au passieren können (Guideregel 2.4.6: der Guide hat einen Ersatz-Reifen dabei musste von keinem der fünf Anwesenden befolgt werden).
Epilog
Ein verwegener Plan, eine verwegene Umsetzung, obszön gutes Wetter und meine erste Alpenrunde des Jahres mit den besten Beinen meiner Rennrad-Historie. Wir alle hatten einen epischen Tag auf dem Rad, einen unverhofften Sommertag im Herbst, auf beiden Runden.
stb schreibt abends eine SMS: „Wer hat den längsten?**” Ich antworte etwas beschönigend „Lukas, aber alles im Millimeterbereich”.
Noch eins zu den Guide-Regeln: 10.1.4.1 besagt: in der schnellen Gruppe: Schwanzmessexzesse verhindern. Soll heißen: mäßigend wirken, wenn zu viele Rennen ausgetragen werden. Fingerspitzengefühl ist gefragt, denn das sich-messen-wollen liegt dem Menschen inne und macht Vielen einfach Spaß. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Jans Track auf Strava (mein Garmin ist ein paar Mal ausgefallen)
Lukas Track auf Strava
* Schwanzmessen: Vulgärausdruck aus dem quaeldich-Jargon, der das Bedürfnis nach einem freundschaftlichen, aber unerbittlichen Sich-Messen-Am-Berg ausdrückt
** Maximale Längenangabe als Ergebnis des Schwanzmessens*. Wissenschaftliche Größe in linearer Abhängigkeit von der kumulierten Leistungsdichte an den Anstiegen.
Hintergrund: quaeldich-Teamtreffen
Traditionell geht es bei diesem Treffen nicht ums Arbeiten für quaeldich.de, sondern hauptsächlich um die gemeinsame Abendgestaltung und nebenbei um gemeinsame Ausfahrten, die von Rücksichtnahme des Stärkeren auf den Schwächeren geprägt sind.
Hintergrund: Die quaeldich-Guide-Regeln
Um den vollen Umfang der Verwicklungen des Samstags verdeutlichen zu können, muss ich etwas ausholen und von den quaeldich-Reisen berichten. Dies ist keine Werbeeinblendung, sondern für das Verständnis des geneigten Lesers unabdingbar. Auch hier geht es ums gemeinsame Radfahren in meistens drei oder mehr Gruppen, die dann möglichst leistungshomogen sind, so dass auch hier ein Jeder Rücksicht auf den anderen nehmen kann und das Warten am Gipfel nicht allzuviel Zeit in Anspruch nimmt. Zusammengehalten werden diese Gruppen radsportenthusiastischer Individualisten jeweils von einem quaeldich-Guide, der sich an eine Reihe von Guide-Regeln halten muss, die zusammengefasst einen empathischen, kommunikativen Unfallchirurgen fordern, der zugleich ein sowohl technisch als auch körperlich kompletter Radfahrer ist. Auf einige Regeln werde ich unten eingehen. Regel 1 vorab: Guiden ist kein Urlaub. Es ist Arbeit. Um die quaeldich-Guides vor zu vielen Mitleidsbekundungen zu bewahren sei hinzugefügt: eine sehr lohnenswerte Arbeit, bei der man die Welt sieht, auf starke Persönlichkeiten trifft und von diesen zumeist auch viel Anerkennung für gute Arbeit bekommt.
Hintergrund: Lukas brennt
Wichtig zu wissen ist auch, dass wir das Teamtreffen erstmals in den Oktober gelegt haben, damit auch Lukas daran teilnehmen kann, der zu dem traditionellen Termin Anfang Mai einfach zu stark in die Durchführung seiner Ligurienreisen eingebunden ist (die er von allen quaeldich-Reise-Organisatoren wohl mit der größten Hingabe betreut). Lukas war also zum ersten Mal seit Jahren endlich wieder dabei. Und Lukas hatte gerade den Saisonausklang in Ligurien in den Beinen, bei dem das erklärte Ziel lautete, die Zitrone bis zum Letzten auszuquetschen. Es wurde auch alles versucht, das zu erreichen, wie die Berichte lebhaft belegen. Es wurden auch viele Zitronen ausgequetscht, aber nicht die von Lukas; in ihm entfachte der Versuch ein zuvor in dieser Intensität nicht gekanntes Feuer, und das Teamtreffen sollte ihm Gelegenheit geben, die Kraft dieses Feuers auf die Straße zu bringen.
Hintergrund: Der Chef hat gute Beine
Zur weiteren Zuspitzung führte die von Lutz verbreitete Kunde aus der Sierra Nevada von den Monster-Beinen des Chefs, von Eule als Kraftwerke bezeichnet (Schenkel zu Kraftwerken in 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Etappen).
Lukas forderte im internen Forum: Ich will echte Berge. Ich will schnell fahren. Bergauf. Bergab. 200 km mit 4.000 Hm Minimum. Persönliche Kommunikation an Jan: Ich will Schwanzmessen.*
Verwegene Pläne
Schon kursierten Planungen, z.B. den Ötztaler nachzufahren. Es folgten Diskussionen und der Versuch eines Machtworts vom Chef: „So ein Quatsch. Wir fahren eine gemeinsame Runde wie immer. Wir treffen uns im Allgäu, also fahren wir durchs Allgäu, und der Testosteron-Überschuss kann an optionalen Stichstraßen abgebaut werden.”
Die Läuterung des Chefs: Allgäurampen sind kein Rennrad-Revier
Dass alles anders kam, lag auch an den Erfahrungen der ersten Allgäu-Ausfahrt am Freitag. Das Wetter war schlecht, und als sich das gegen Mittag änderte, machten wir uns zu einer ersten Runde auf, die uns auf den Mittagberg und zur Grüntenhütte führen sollte, zwei allgäutypisch üble Stichstraßen mit langen Abschnitten über 20 % Steigung. Wir quetschten uns den Mittagberg hoch, kämpften mit Traktionsproblemen, würgten und fluchten und waren uns oben einig, dass dieses Gequetsche mit Rennradfahren absolut nichts zu tun hat, zumal die steile, rutschige Abfahrt kaum schneller absolviert werden konnte als die Auffahrt. Kurzerhand strichen wir die Grüntenhütte und verlängerten das Rollen über die Wellen des Allgäus. Damit war der Testosteron-Abbau an Stichstraßen schlagartig vom Tisch.
Lukas setzt sich durch
Abends traf Lukas ein, und die von stb hingebungsvoll gestaltete 4000-Hm-Runde durchs Allgäu wurde geopfert (Lukas: „Ich will kein Sägezahngefissel, ich will lange Anstiege und schnelle Abfahrten”), und mittels einstimmigen Beschluss durch eine Autofahrt nach Bludenz und folgende zwei sozialverträgliche Runden ersetzt: Die Schwanzmessgruppe (Lukas, tobsi, Roli, Reto, Cristian und Jan) sollte mit den fünf Pässen Silvretta, Arlberg, Flexen, Hochtannberg und Faschina genug Gelegenheit finden, ihr Feuer zu löschen. Alle anderen (dbeckel, Reinhard, Torsten) suchten in der Runde über Silvretta und Arlberg ein würdiges letztes Jahreshighlight in den Alpen. Es war großartiges Wetter vorhergesagt.
Erstmals in der achtjährigen Geschichte des Redaktionstreffens blieb es am Freitag abend bei Apfelschorle und Mineralwasser. Die Abfahrt wurde für Samstag, 7 Uhr angesetzt. Somit endete der Abend spaßbefreit mit einer frühen Bettruhe, aber voller Vorfreude der Meisten auf eine ungezügelte Fahrt. Ich will nicht verhehlen, dass ich gehörigen Respekt vor der Runde hatte. Noch letztes Jahr war ich stolz, eine halbe Etappe mit den Großen (Lukas, Roli, Reto, Tobias, die vier wohl stärksten quaeldich-Redakteure und -Guides) mitspielen zu dürfen, und jetzt stand mir in dieser illustren Begleitung eine Monsterrunde bevor.
Der Aufbruch. Der Ereignisse erster Akt
Um 7 Uhr verladen wir nach einem schnellen Frühstück die Räder. Es ist noch völlig Dunkel, am Horizont hebt sich ein Streifen Morgendämmerung über den Kamm der Allgäuer Alpen. Cristian, der mit seinem Blog www.dieketterechts.com dieses Jahr einige quaeldich-Reisen begleitet und dokumentiert hat, hält auch diesen Moment fest. Die Stimmung ist gut, wir sind bereit zu epischen Taten.
In Bludenz telefonieren wir uns chaotisch zusammen (Organisations-Kompetenz?), und um 8.35 Uhr sitzen wir auf dem Rad. Es ist allenfalls dämmrig, und zügig, aber nicht schnell fahren wir ins Montafon hinein. Für 10 Minuten. Dann greift Lukas an. Ich kaue gerade an meinem ersten von drei mitgeführten Brötchen. Roli setzt Lukas nach. Ich setze Roli nach. Das gebietet der Sportsgeist. Lukas will Zeitabstände, Lukas will wissen, wie weit meine Beine tragen. Er soll es erfahren, wie auch immer es ausgeht. Cristian entfährt ein: „Was macht's denn ihr?”.
Silvretta rauf
Das Tempo ist obszön hoch, aber bis Partenen ist fast Brandenburg. Roli, Lukas und ich wechseln gleichmäßig in den Wind. Reto und tobsi sind hinten, zwei Maschinen, die jederzeit zurückschlagen können. In Partenen, wo die Silvretta-Hochalpenstraße ihren Ausgang nimmt, wage ich erstmals einen Blick zurück – nichts in Sicht, es kann weitergehen. Schon in der ersten Rechtskehre lassen wir den Abzweig aufs Zeinisjoch links liegen. Roli will seiner Sammlung einen weiteren 2000er hinzufügen, und wann soll man die Silvretta fahren, wenn nicht heute, an einem frühen Morgen Mitte Oktober, wo viele Motorräder schon eingemottet sind, und deren Fahrer ohnehin noch schlafen. In den ersten Kehren erreichen uns die ersten Sonnenstrahlen. Die Bergkämme hoch über uns sind schon in gleißendes Licht getaucht, über ihnen der stahlblauer Himmel. Das Tempo ist jetzt naturgemäß niedriger, aber die Steigrate zeigt immer wieder 1300 Hm/h an. Herrlich, ohne Rucksack zu fahren (Guideregel 2.4: die Guideaustattung von Erste-Hilfe-Set über Ersatzreifen bis zur Mini-Standpumpe erzwingt einen Rucksack). Meine Beine sind sensationell, aber der Tag ist lang, und ich frage mich, ob ich bei diesem Tempo überhaupt auf dem ersten Pass ankomme. Frage an die Mitstreiter, ob wir nicht mal 100 Hm/h raus nehmen können. Roli: „Ja, mach doch.”
Dennoch nehmen wir raus, lullern mit knapp 1000 Hm/h dahin. Weit unter uns sehen wir Reto und tobsi, die werden uns wohl nicht mehr einholen. Dennoch spornt uns der Anblick an; wir erreichen wieder unsere vormalige Reisegeschwindigkeit und die Großbaustelle des unteren Stausees mit dem ersten Flachstück. Das durchfahren wir noch gemeinsam, dann forciert Lukas das Tempo, Roli kann es halten, aber ich muss abreißen lassen. Lukas ist als erster oben und hat Roli ein paar Sekunden abgenommen, und mir kann er nicht mal den Rückstand sagen. „ES GEHT NUR UM ZEITABSTÄNDE”, UND ER KANN MIR NICHT DEN RÜCKSTAND SAGEN.
Tobsi sieht zerstört aus. Cristians Sache ist Kette links heute nicht.
16 Grad am 18. Oktober auf 2032 m Höhe! Wir setzen uns etwas in die Sonne, bis alle Trinkflaschen gefüllt sind.
Silvretta runter
Wir haben gestern abend lange über den genauen Startort und die Richtung der Runde philosophiert. Letztlich haben wir Bludenz ausgewählt, weil dann beide Gruppen den gleichen Startort haben, und in dieser Richtung stellt sich die Silvretta als echter Berg da. Aus der Gegenrichtung zieht sie sich durchs Paznaun kilometerlang zäh dahin – kein würdiger Abschluss eines epischen Guide-Battles. Aber nach den vier Kehren gleich zu Beginn müssen wir dieses zähe Kaugummi nun runter, 40 km mit gefühlt 2 Prozent Gefälle. Wir machen das Beste draus und versuchen uns im belgischen Kreisel, was aufgrund fehlender Übung erst kaum, dann leidlich klappt. Auf jeden Fall sind wir schnell. Tobsi erkennt dank Wattmess-Kurbel, „dass ich auf dem Weg nach vorne viel mehr treten musste als auf dem Weg zurück”. Grandiose Erkenntnis, für die er den Spezialpreis der Jury erhält.
Die letzten Meter der ersten Abfahrt in rasender Fahrt unter der Eisenbahnbrücke hindurch, sogar mit Foto. Reto meint: „der härteste Abschnitt der Tour”.
Arlberg rauf
Kurioserweise müssen wir nicht mal abbiegen, um unsere Fahrt Richtung Arlbergpass fortzusetzen. Am Abzweig zur Autobahn kurze Verwirrung, bevor wir den Weg auf die Panoramastraße Richtung Arlberg finden. Ich hatte immer gedacht, die Straße sei murks, weil zu viel befahren, aber heute ist rein gar kein Verkehr, und auch sonst schluckt wohl alles die Autobahn. Am Eingang der Passstraße stutzen wir kurz, denn es ist eine Sperrung hinter St. Christoph ausgewiesen. Erst hinter St. Anton am Arlberg macht die Steigung ernst, und wir fahren zügig, aber gemeinsam auf den Pass. Lukas: „Danke fürs ziehen, schneller wärs nicht gegangen.”
Oben gucken wir uns nach einer Einkehrmöglichkeit um, aber die Wirte sparen sich schon die Kraft für die Skisaison.
Arlberg runter
Wir entschließen uns, die Straßensperre an der Passhöhe zu ignorieren. Ein Asphaltkipper hatte uns überholt, und somit handelt es sich wohl nur um Straßenarbeiten, nicht um Sprengungen, und so ist das Schlimste, was wir erwarten, ein kurzer Fußmarsch.
Glücklicherweise sind die weiten Kurven gut einsehbar, und so wird das Abfahrtsvergnügen kaum durch die Gefahr eines plötzlich erscheinenden Baustellenfahrzeugs geschmälert. An der Baustelle weisen uns die Arbeiter freundlich den Weg über die Leitplanke, und nach einem gewissen Fußmarsch wagen wir uns auf den warmen Asphalt, der glücklicherweise kaum klebt.
Flexen rauf und runter
Hinter der Baustelle informieren wir die Gruppe 2 per SMS über den Grund der Straßensperre und biegen zum Flexenpass ein, der aus dieser Richtung eigentlich aus nichts mehr als einer langen, kühn in den Fels geschlagenen Galerie besteht. Schon von unten denke ich mir, dass diese Auffahrt sicherlich besser anzuschauen als zu befahren ist, und so kommt es auch. Am dritten Anstieg zeitigen sich gewisse Ermüdungserscheinungen (geschenkt wird sich trotzdem nichts), und alle sind für eine Einkehr in Lech, wo wir in das erste geöffnete Restaurant einfallen und herrlich in der Sonne sitzen. Wir genießen den Augenblick, allen ist ein breites Grinsen eingemeißelt. Was für eine verwegene Tour, was für ein grandioser Tag für einen 4000er im Oktober, wie herrlich ist es hier in der Sonne.
Und was für eine unfähige Bedienung, der wir, weil der Kaiserschmarrn 20 Minuten braucht, zu verstehen geben, dass wir dann vorher noch die Spinatknödel nehmen. Und die uns dann trotzdem noch 20 Minuten warten lässt. Aber egal, wir haben 20 km Vorsprung vor unserem virtuellen Partner... der mit 1100 Hm/h und 31 km/h eingestellt ist.
127 €-Rechnung (5 Knödel, 2 Kaiserschmarrn, fünf Apfelschorlen). Die Pause war uns lieb und teuer.
Hochtannbergpass rauf und runter
Ah,... jetzt gehts wieder. Gemeinsam bringen wir mächtig Zug auf die Kette, und rollen über den Hochtannbergpass in die rasante Abfahrt. Erstmals erleben wir heute den Verkehr, der an Sommertagen vermutlich noch schlimmer ist. Ein Motorrad schießt mit mindestens 120 km/h kurz vor einer Kehre an uns vorbei, so dass ich kurz rausnehme und den Kontakt zu Lukas zu verlieren drohe, der hier in altbekannter, aber längst nicht mehr praktizierter Manier zu Tale schießt (Guideregel 8.2: der Guide fährt in der Abfahrt hinten; Guide-Regel 8.3: wenn mehr als ein Guide in der Gruppe, hält sich dieser in der Abfahrt zurück, um niemanden zum Rasen zu animieren)
Faschinajoch rauf. Der Ereignisse letzter Akt
Vor 15 Jahren hatte ich mich zuletzt über das Faschinajoch informiert. Jetzt, im ersten Steilstück, erinnere ich mich daran, dass sie lange, steile Abschnitte enthält. tobsi drückt mächtig aufs Tempo. Seine Beine sind schlecht, keine Frage, das ist nicht sein Tag. Meine Beine waren den ganzen Tag über sensationell, und ich mache mir keine Illusionen darüber, wie ein Zweikampf ausgeht, wenn die Tagesform andersrum ausfällt. Aber heute möchte ich ihn auch am Faschinajoch nicht ziehen lassen, und ich drücke was geht. Nach dem Steilstück erhoffe ich mir eine gewisse Ruhephase, aber Lukas greift wieder an, und Tobias geht ihm nach. Keine Chance für mich, ich hoffe, dass ich Reto und Roli halten kann. Reto beginnt zu jammern, dass er ja wohl heute die schlechtesten Beine hätte. Ich hefte mich an Rolis Hinterrad. Keine Chance mehr, die Initiative zu ergreifen. Wir sind bei Km 170, erreichen bald die 4.000 Hm, meine Kraft schwindet. Mein Garmin hat mir den ganzen Tag über 360 Watt angezeigt (heute will er mir schmeicheln), am Hochtannbergpass konnte ich sie noch halten. Dann das Flachstück in Damüls. Ich will nicht die ganze Zeit lutschen und gehe kurz in den Wind. In der langen Galerie vor der Passhöhe merkt Roli, dass Tobsi vorne nicht mehr zusetzen kann und beschleunigt, Reto setzt ihm nach. Bei mir gehen die Lichter aus, 150 Hm vor der Passhöhe bringe ich nur noch 250 Watt aufs Pedal. Ich drücke mir das erste Gel des Jahres rein und erreiche als Letzter die Passhöhe. 4000 Hm richtig Druck gehabt, und 150 Hm vor Schluss geht das Licht aus. Aber egal, ich konnte bis zuletzt mit den Großen mitspielen.
Respekt
Lebenskunde vom quaeldich-Chef: Ebenso, wie man sich nach einem Fehler nicht rechtfertigen, sondern entschuldigen sollte, gehört es sich nach sportlichen Niederlagen, den Überlegenen Respekt zu zollen anstatt nach Rechtfertigungen zu suchen. Das fällt mir leicht: ich hatte heute die besten Beine meiner Rennrad-Historie, und die haben nicht gereicht. Respekt an alle die schneller waren.
Ankunft
Den Rest der Runde bestreiten wir gemeinsam: die rasante Abfahrt vom Faschinajoch (Gegenargument für Carbonbremsflanken), die Welle hinauf nach Blons, und dann die Tour d'Honneur zurück nach Bludenz, in der uns Tobsis Hinterrad sogar einen Salutschuss gönnt: Reifenflanke aufgeschnitten, wir holen Tobsi mit dem Auto ab. Glück gehabt, das hätte auch in Au passieren können (Guideregel 2.4.6: der Guide hat einen Ersatz-Reifen dabei musste von keinem der fünf Anwesenden befolgt werden).
Epilog
Ein verwegener Plan, eine verwegene Umsetzung, obszön gutes Wetter und meine erste Alpenrunde des Jahres mit den besten Beinen meiner Rennrad-Historie. Wir alle hatten einen epischen Tag auf dem Rad, einen unverhofften Sommertag im Herbst, auf beiden Runden.
stb schreibt abends eine SMS: „Wer hat den längsten?**” Ich antworte etwas beschönigend „Lukas, aber alles im Millimeterbereich”.
Noch eins zu den Guide-Regeln: 10.1.4.1 besagt: in der schnellen Gruppe: Schwanzmessexzesse verhindern. Soll heißen: mäßigend wirken, wenn zu viele Rennen ausgetragen werden. Fingerspitzengefühl ist gefragt, denn das sich-messen-wollen liegt dem Menschen inne und macht Vielen einfach Spaß. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Jans Track auf Strava (mein Garmin ist ein paar Mal ausgefallen)
Lukas Track auf Strava
* Schwanzmessen: Vulgärausdruck aus dem quaeldich-Jargon, der das Bedürfnis nach einem freundschaftlichen, aber unerbittlichen Sich-Messen-Am-Berg ausdrückt
** Maximale Längenangabe als Ergebnis des Schwanzmessens*. Wissenschaftliche Größe in linearer Abhängigkeit von der kumulierten Leistungsdichte an den Anstiegen.
5 gefahrene Pässe
Silvretta-Hochalpenstraße, Arlbergpass, Hochtannbergpass, Flexenpass, FaschinajochStrecke
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren
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