Von majortom –
Etappenshuffling am Freitag. Da wir unbedingt noch das Territorium den Frühjahrsklassikers Liège-Bastogne fahren wollen, ziehen wir heute die ursprünglich für Samstag geplante Etappe vor und fahren sie heute. Morgen gibt es Schneeregen, also lautet die Devise: aus dem heutigen Tag noch rausholen, was geht. Am Abend wissen wir nun: es ging eine Menge!
"Fahren wir jetzt Tour A oder Tour B?" fragt mich meine ausdauernde Gruppe kurz vor dem Start. "Also ich habe den Track von Tour B geladen", antworte ich. Womit wir das zwar nicht basisdemokratisch, aber dennoch einigermaßen kompetent entschieden hätten. Eine Entscheidung, die zumindest Respekt einflößt, gemessen daran, dass auf dem Flachstück das Wesertal hinab doch recht gemächliches Tempo angeschlagen wird. Dann jagt eine Bergwertung die nächste. Es beginnt mit dem Waldweg zur Gileppe-Talsperre, dann der kurze Gegenanstieg nach Tiège, und die Abfahrt nach Spa. Ein paar unmotivierte Regentropfen. Seis drum.
Der Col du Rosier ist der längste Anstieg des Tages. Ein Rollerberg. Eine Bezeichnung, die ich nicht hätte gebrauchen sollen, denn ab diesem Zeitpunkt wird jeder Berg von der Gruppe hinsichtlich seiner Rollerbergqualitäten analysisert. Wir managen dann auch die abzweigungsreiche Abfahrt nach Ruy und den Anstieg zur Haute-Levée bravourös und haben uns somit auch endgültig für die B-Variante entschieden. Doch inzwischen ist die Gruppe heiß, und die am Morgen noch tief hängenden Wolken haben sich verzogen, und der nächtliche Regen hat eine klare Luft zurückgelassen, die hervorragende Aussicht von den Ardennenhöhen erlaubt. Schön ist es hier. "Belgien ist ja nicht schön", wurden wir beim gestrigen Abendessen von einem Teilnehmer herausgefordert. Ob er diese These immer noch vertritt, ist bei Redaktionsschluss nicht bekannt.
In Stavelot hoppeln wir über das Kopfsteinpflaster, dann geht es über die berüchtigte steile Côte de Stockeu. Zu Eddy Merckx, der oben mittels eines Denkmals verewigt ist. Kurz zuvor habe ich auch das Geheimnis gelüftet, dass man auch auf einer weniger steilen Variante zu Eddy kommt, doch diese wird nur von einer Minderheit genutzt. Tapfer quetschen wir die Rampe hinauf und belohnen uns dafür mit Eddy-Selfies.
Dann fahren wir ab nach Trois-Ponts und haben hier im Amblève-Tal eine der seltenen Flow-Passagen des Tages. Bis uns dann ein kleiner Anstieg nach La Gleize aus dem Flow reißt. Dafür entschließen wir uns hier zu einem Mittagspausenstopp mit Cannelloni (belgische Interpretation) und Boulettes Liègoises. Kinderteller gibt es hier nicht, und Spaghetti bolognaise konfrontiert die Spaghettiesser mit einem Pfund Hack. Gute Mittagspause!
Es geht dann auf den zweiten Rollerberg des Tages. Noch dreieinhalb Bergwertungen, habe ich beim Mittagessen versprochen. Die erste war machbar. Und so sind wir schon in der Abfahrt nach Remouchamps, wo sich dann die legendäre Côte de la Redoute anschließt. Lokalmatador Philippe Gilbert führt uneinholbar bei der Anzahl der auf die Straße gepinselten Schriftzüge (dank eines japanoluxemburgischen Fan sogar auf japanisch). Tapfer quetschen wir auch hier rauf, natürlich nicht ohne auch die schön durch die Wiesen trassierte Rampe und die Aussichten ins Amblève-Tal zu würdigen. Ich mag die Redoute!
Nun also noch ein kleiner Gegenanstieg nach Stavelot, leicht nervig wegen des Verkehrs auf der Hauptstraße. Dann eine schöne langgezogene Abfahrt zurück ins Vesdre-Tal, und eine kurze aber nochmal anstrengende Rampe auf der anderen Talseite. Wir würdigen natürlich die Stelle von Guys Havarie auf seiner Probetour, halten uns damit aber nicht zu lange auf. Letzte Bergwertung absolviert. Und nur noch ca. 30 wellige Kilometer ins Ziel. Die Kräfte schwinden langsam ein bisschen, die Motivation ist immer noch hoch. Der Pacman-Track erfordert zwar viele Abzweigung, aber es sind auch schöne und idyllische Straßen mit einem hübschen Ausblick ins Wesertal, zumindest bis wir die Industriegebiete entlang der Autobahn erreichen.
Nächste Herausforderung: die Schlaglochpiste des Grauens, die leider notwendig ist, um die Baustelle in Richtung Dolhain zu umfahren. Grenzwertig, aber natürlich kommen alle wohlbehalten unten an. Dann fehlen noch knapp 10 km das Wesertal hinauf, und gemeinsam mit Mirko formiere ich mich an der Spitze des Peloton, um die heroische Gruppe bis nach Eupen zu leiten. 130 harte Kilometer durch die heute traumhaften Ardennen. Ohne Regen. Mit Sonnenschein. Auf den Spüren von Lüttich-Bastogne-Lüttich.
Foto: Symbolbild.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Das dritte Teilstück steht ganz im Zeichen von Liège-Bastogne, und wieder reiht sich eine Côte an die nächste. Den Auftakt macht wieder die Barrage de la Gileppe, heute fahren wir jedoch auch über die Staumauer, so dass wir den See zu Gesicht bekommen. Wir fahren ab in den Kurort Spa, wo sich der Col du Rosier anschließt. Erst dann geht es richtig los: die Côte de la Haute-Levée wird gefolgt von der fiesen Côte de Stockeu, wo wir am Eddy-Merckx-Denkmal eine wohlverdiente Pause einlegen können. In Trois-Ponts erreichen wir das Amblève-Tal, das uns ein entspannteres mittleres Etappendrittel ermöglicht. Das Tal führt uns bis Sougné-Remouchamps, Ausgangspunkt der bekannten Côte de la Redoute, wo wir wieder Klassiker-Luft schnuppern. Aus dem Vesdre-Tal geht es dann über eine unbekannte Nebenstrecke hinauf auf das Plateau nördlich des Tals. Am Ende der Etappe erreichen wir bei Dolhain wieder das Vesdre-Tal und können gemütlich bis Eupen ausrollen.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren