Von majortom –
Am nächsten Morgen bekommt das getestete Hotel spätestens mit dem sensationellen Frühstücksbuffet den imaginären Haken. Check. Tauglich auch für Düsseldorf-Paris, auch wenn es leichte Punktabzüge gibt für die Horden britischer Rentner, die wie Heuschrecken über das Buffet herfallen. Ein Dämpfer für meine gute Laune ist der Regenschauer, der pünktlich bei meinem Aufbruch über Bouillon niedergeht, doch da mein Vorderreifen platt ist und ich erstmal den Schlauch wechseln muss, kann ich noch Zeit schinden, bis der Regen vorbei ist. Damit habe ich keinen Ersatzschlauch mehr – schlechte Planung, ich hätte besser mehr als nur einen mitgenommen.
Den Gedanken, dass mich ein weiterer Platten in der Ardenneneinöde vor eine ziemlich große Hürde stellen würde, verdränge ich erstmal, als ich mit dem sanften Anstieg nach Corbion die Pillepalle-Variante heraus aus dem Semois-Tal auf die Höhen der Ardennen erklimme. Dann geht es über die Grenze nach Frankreich, kurze Zeit darauf zurück nach Belgien, mit einer rasanten Abfahrt zurück ins Semois-Tal bei Bohan, und schließlich wieder nach Frankreich. Der Fluss ändert an der Staatsgrenze seinen Namen von Semois nach Semoy, das Tal bleibt jedoch dasselbe. Bewaldete Hänge, ein tief eingeschnittener, mäandrierender Fluss, und eine schöne Straße, endlich einmal ein paar Kilometer am Stück weitgehend flach.
Flach bis Les Hautes-Rivières, hier zweige ich ab auf die Forststraße zum Roc de la Tour, die ich auf Marcels Vorschlag hin auf ihre Tauglichkeit überprüfen möchte. Wie sich herausstellt, ist die Tauglichkeit nicht gegeben, denn die Straße ist geschottert. Jetzt denke ich doch wieder an den fehlenden Ersatzschlauch, komme jedoch pannenfrei auf die Höhenstraße, die nun wieder asphaltiert ist. Der Plan wird somit geändert, statt der Abfahrt nach Monthermé wähle ich den direkten Weg nach Thilay, um möglichst schnell wieder ins Tal zu kommen. Über den Col de Liry erreiche ich dann das Maas-Tal in Bogny-sur-Meuse.
Um den Großraum Charleville-Mézières zu umgehen, fahre ich jedoch nicht im Tal nach Süden, sondern auf der anderen Hangseite wieder hinauf. Die Höhenmeterausbeute ist bislang nicht schlecht. Eine gut rollende Abfahrt führt mich bis Tournes, wo ich mich zur Mittagspause entscheide. Lasagne für acht Euro, da kann man sich nicht beklagen.
Damit verlasse ich langsam aber sicher endgültig die Ardennen. Stelle jedoch sofort fest, dass ich gründlich falsch lag mit der Annahme, der zweite Teil der Etappe würde flach werden. Es bleibt hügelig, wellig, sehr kräftezehrendes Terrain. Allerdings weiterhin eine völlig einsame, idyllische Landschaft, so dass ich mich meinem Schicksal ergebe und tapfer über die Hügel quetsche. Die Route führt mich nun ohne Umwege nach Süden auf den Etappenort Reims zu, was bei Nordwestwind immerhin einen kleinen Vorteil bedeutet.
In Chateau-Porcien erreiche ich das Tal der Aisne, tatsächlich sind die Hügel in der Zwischenzeit flacher geworden, und es gibt mehr Felder und weite Blicke als dichten Wald und Kuhweiden. Das mag ich an Fernfahrten auf dem Rad, dass man spürt, wie sich die Landschaft verändert, wie man zwar langsam aber unaufhörlich voran kommt. Am Fluss finde ich einen schönen Picknickplatz für eine Nachmittagspause; nochmal Kräfte tanken für den Schlussspurt nach Reims.
Das Tal wird jedoch gleich wieder verlassen. In südlicher Richtung bin ich unterwegs, die Täler verlaufen jedoch in Ost-West-Richtung. Glücklicherweise gibt es hier nicht mehr so viele Höhenmeter zwischen den Tälern zu überwinden, und ich kann das Tempo trotz zunehmender Müdigkeit einigermaßen hochhalten. Überraschenderweise bin ich auch bis fast zum Schluss auf kaum befahrenen Straßen unterwegs. Nur die letzten Kilometer nach Reims weisen etwas mehr Verkehr auf – dafür sieht man schon von weitem die Türme der Kathedrale, die das Ziel markieren. Absichtlich habe ich auch durch die Stadt meinen Weg an der imposanten gotischen Kathedrale vorbei gelegt, ich halte jedoch nur wenige Sekunden an, da mir im Moment der Sinn für Sightseeing fehlt.
Mein Hotel liegt mitten in der Innenstadt, auf der Komfortskala etwas unter demjenigen von letzter Nacht, aber mehr als ausreichend für meine Regeneration. Der Himmel ist inzwischen weitgehend blau, und kurzerhand verlege ich die erste Regenerationseinheit von meinem Zimmer in die Bar gegenüber. Ich bin zwar auf Dienstreise, aber der Abend in Reims ist immerhin ein bisschen Urlaub.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren