Von majortom – Ardennen. Flandern. Klassiker. Belgien ist eine klassische Radsportnation, und die Belgier sind radsportverrückt. Das Klassikerrevier zwischen Oude Kwaremont und Côte de la Redoute, zwischen Lüttich und Brügge, zeigen wir dir auf unserer Belgien-Rundfahrt. Mit Fritten und Bier, versteht sich.
Streckenänderungen vorbehalten.
quäldich-Reise Belgien-Rundfahrt – die Klassiker-Tour
Von schnem24 – «Der kranke Guide» oder auch «Kofferraum vs. Koffer Raum?»
Belgien-Rundfahrt 2023 Tag 1: Lüttich – Bastogne. Die Sonne scheint, über 20 Grad, blauer Himmel und beim fertig machen am Bus die Frage «Habt Ihr euch auch alle eingecremt?». Ähm, von Klassiker-Wetter war also weit und breit keine Spur. Aber da wollten wir uns nicht beschweren.
Eine kleine aber feine Gruppe machte sich alsbald auf den Weg. Luc und ich (Michael) als Guides und eine Handvoll (das ist wörtlich gemeint) tolle Gäste. Und so kommen wir auch gleich zum ersten Teil des Blog Titels.
Luc ging es am Vortag und in der Nacht nicht so gut. Eine leichte Erkältung im Anmarsch, hatte er noch am Vortag eine Apotheke bis ans Kreditkartenlimit geplündert. Beim Frühstück und vor dem Start noch die Ansage: «Also ich mache heute langsam. Will nichts überstürzen oder übertreiben». Tja, so ging es mit einem gemütlichen 30+’er Schnitt aus Liege heraus. Ähm, 30+’er Schnitt??? Im hinteren Teil der Gruppe wurde die Chance nach jedem Kreisel / jeder Ampel als Gelegenheit für kleine Intervalltrainings am Morgen genutzt. Mussten doch die Lücken wieder zugefahren werden. Alsbald kam die Frage von einem Gast: «Ist das immer so wenn es dem Luc nicht so gut geht?». Einfach Göttlich!!! Kurz danach wurde sich zusammen ganz schnell auf «ein bissel kürzer» verständigt. Dann ging es wie geschmiert weiter!
Die Zeit bis zur Mittagspause bei Kilometer 62 verging wie im Flug. Volker hatte ein super tolles Buffet vorbereitet! Noch beim Frühstück kam von ihm kurz die Frage «Baguette oder lieber Körnerbrot?». Die Wahl fiel auf Option 2, und was soll ich sagen: «Das Brot war wunderbar». Aber auf Volker kommen wir gleich noch einmal zurück.
So ging es frisch gestärkt auf den zweiten Teil der Etappe. Hier war dann die Frage: Wer fährt lang und wer fährt kurz? Luc meinte erst noch, ach ich fahre kurz (ich muss mich ja schonen). Für die Option hatte ich mich auch schon vorher entschieden…..war ich doch der Guide der Gruppe 2 oder 3… oder was auch immer. Kurz entschlossen ging dann Luc doch mit der Gruppe 1/2 los, und ich mit der «Gruppe» 2/3 (ok wir waren zu zweit).
Auch wenn die Etappe von Lüttich nach Bastogne führte, viel von der original Strecke der "ältesten Dame" war nicht dabei (folgt am Ende der Woche), dennoch sollte der Côte de St. Roche (Houffalize) nicht vergessen werden. Mit 900m Länge nicht lange, aber mit 110 hm dann wieder "etwas unangenehmer". Dennoch schafften auch alle dieses kleine Monster, manche mit der grazilen Leichtigkeit eines wohl dosiert geplanten Erklimmens, manch andere aber auch im Wettkampf Modus bis zum "All Out" (sogar fast auch das Essen). Kinder des männlichen Geschlechts halt.
Nach etwas geteilter Wegstrecke versammelten wir uns zusammen wieder in Bastogne. Gruppenfoto!!! Eine tolle Etappe, mit tollem Wetter, mit einer tollen Truppe, einem tollen Begleitfahrzeug Fahrer.
Aber ach ja, da war ja noch was mit Volker. Beim Schmutzbier kam die Frage auf: «Ja wie ist das denn mit dem Gepäck?». Hatten wir doch vorher eine Nachricht von Ihm bekommen die da lautete: «Hallo Zusammen, ich bin in der Stadt, eure Taschen/Koffer und Rucksäcke sind im Kofferraum. Liebe Grüsse und Gute Ankunft». Beim Schmutzbier ging es dann weiter mit: «Den Quäldich Bus sehen wir ja, aber wir Guides haben keinen Zweitschlüssel. Und das Gepäck ist ja im Kofferraum». Hhhmm, nach etwas grübeln kam dann auch prompt die Auflösung von Volker. Der kleine feine Unterschied. Mit «Kofferraum» war der «Koffer Raum» im Hotel gemeint. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank für all die Schlepperei!
So geht eine tolle erste Etappe zu Ende! Auf die nächsten 6!
Von majortom – Das berühmte Klassikerrevier von Liège-Bastogne befindet sich nördlich von Bastogne. Wenn wir also weiter nach Süden vordringen, dann verlassen wir auch die ausgetretenen Pfade und tauchen ein in die unbekannte Landschaft der südlichen Ardennen, geprägt von ausgedehnten Waldgebieten und Kulturlandschaften auf den Plateaus oberhalb der Flusstäler, die schöne Weitblicke ermöglichen. Wir bewegen uns parallel zur luxemburgischen Seite nach Süden, drehen dann parallel zur französischen Grenze nach Westen ab. Mit dem Trappistenkloster in Orval passieren wir einen absoluten Hotspot der belgischen Bierkultur, sollten eine Degustation aber vielleicht auf nach der Etappe verschieben. Während die ersten drei Viertel der Etappe eher von sanften Hügeln geprägt sind, führt das finale Viertel entlang der tief ins Gelände eingeschnittenen Semois. Und bevor wir in den malerisch in eine Semois-Schleife gelegenen Etappenort Bouillon abfahren, müssen wir noch die steile Rampe zum Col de Sati bewältigen.
Von majortom – Die längste Etappe unserer Tour steht auf dem Programm; sie führt uns von Bouillon mit einem kurzen Abstecher nach Frankreich bis nach Mons. Zunächst entlang der Flusstäler von Semois und Meuse (Maas), dann durch das idyllische Hügelland der westlichen Wallonie. Der gemächliche Anstieg von Bouillon nach Corbion macht den Anfang, dann geht es wieder ins mäandrierende Semois-Tal zurück, und wir überqueren die Grenze nach Frankreich. Zum Maas-Tal gelangen wir über den Anstieg zum Croix Gillet, dem höchsten Punkt der heutigen Etappe. Dann überqueren wir die Maas, kehren nach Belgien zurück und genießen die weniger anspruchsvolle zweite Etappenhälfte, die durch malerisches, hügeliges Terrain führt. Wallonie pur. Die Etappe erfordert natürlich etwas Ausdauer. Aber es ist immerhin eine Rundfahrt mit Frühjahrsklassiker-Flair, und was sind schon 160 km Etappe gegen 260 km Liège-Bastogne im Renntempo...
Von majortom – Waren wir bislang noch in der Wallonie, dem französischsprachigen Landesteil unterwegs, so führt uns die heutige Etappe ins niederländisch-sprachige Flandern. Was allein schon ein Begriff ist, der Radsport-Fans' Herzen höher schlagen lässt, gehört doch auch die Ronde van Vlaanderen, die Flandern-Rundfahrt, zu den Monumenten des Radsports, und wir können auf unserem heutigen Weg nach Oudenaarde viel Ronde-Flair erwarten. Nach dem Etappenstart in Mons führt die Route nach Westen, entlang des Nimy-Blaton-Kanals, einer künstlichen Wasserstraße zwischen den Flüssen Maas und Schelde. Die Umgebung wird zusehends flacher, und wir erreichen Tournon. Hier machen wir erneut einen Abstecher nach Fankreich, um einem weiteren Monument unsere Aufwartung zu machen: dem gefürchteten Kopfsteinpflaster-Klassiker Paris-Roubaix. Die Route nimmt die letzten fünf Kopfsteinpflasterabschnitte von Paris-Roubaix mit, inklusive des gefürchteten Abschnitts zum Carrfour de l'Arbre, wo häufig die Vorentscheidung des Rennens erfolgt. Wer dies Mensch und Material nicht zumuten möchte, kann auch auf Asphalt nach Roubaix hinein fahren, wo alle Teilnehmer eine Runde im berühmten Velodrom drehen können. Doch damit ist die Etappe nicht vorbei. Wir wenden uns nun nach Norden, kehren nach Belgien zurück, und halten auf das Revier der Ronde zu. Mit Oude Kwaremont, Paterberg und Koppenberg nehmen wir das hellingen-Triumvirat dieses Rennens mit und beenden die Etappe im Zielort der Ronde, in Oudenaarde.
Von Luc – Tag 5 : RUHETAG, oder Windschatten Lümmelei
Deutlich kühler als in den vergangenen Tagen stehen alle pünktlich am Start. Keine Sonne, Nord-Osten Wind… Keiner scheut das Anziehen der Ärmlinge oder Windjacken… Ruhetag ist angesagt. Gemütlich soll geradelt werden.
Nicht wenige sind überrascht, dass der Marktplatz der Stadt Oudenaarde schöner ist als die Terrasse vom Hotel, wo am Vorabend aber eindeutig entgegen Empfehlung des Reiseleiters, nach der gefühlten „Hölle vom Norden“ das Schmutzbier getrunken wurde. Aber wer nicht will, der hat schon…
Ständig bläst der kalte Wind aus Nord / Nord-östlicher Richtung, aber die blauen Öffnungen in der Wolkendecke versprechen Verbesserung und lassen hoffen, dass es etwas wärmer werden wird. Einmal aus der Stadt geht es leicht wellig und vor allem kurvig auf kleinen Straßen Richtung Nord-West, Brügge… Es stellt sich, aber erst nachher heraus, dass jede (unübersichtliche) Kurve auch stets eine Herausforderung für die, in den hinteren Reihen, zu werden scheint. Der Harmonika-Effekt lässt grüßen. Ein weiterer, unerwarteter Nebeneffekt, der ein solch kurviges Rennen wie die Flandern Rundfahrt, oder Nokere Koerse („Kursse“), oder Gent-Wevelgem, viel härter macht als die nackten Zahlen einem glauben lassen würden.
Als nach 60 km die Gentse Poort endlich auftaucht, sind alle auch ein wenig erfreut, den Krieg gegen den Wind erstmal und vorübergehend, besiegt zu haben.
Brügge, die Scone
Brügge, Venedig vom Norden (aus einem Schreiben 1432, wo umschrieben wird, wie Brügge und Venedig als Konkurrenten Handel getrieben haben)
Brügge sehen und sterben… Nein, so weit sind wir dann doch noch nicht. Die vom Reiseleiter vorgeschlagen Aktivitäten (Biermuseum, Schokolademuseum, Frittenmuseum) werden schon wieder erfolgreich abgewunken, stattdessen gibt es fantastisch leckere Belgischen Waffel, (aber bitte) mit Sahne, und möglichst viel Advokaat (Eierlikör). Ob dies auch gegen die „kein Alkohol während der Etappe“ verstößt?
Kurz danach Aufbruch, wir wollen es rechtzeitig ins Wielermuseum in Oudenaarde schaffen. Der Rückweg verspricht etwas mehr Spaß zu machen… Durch flache Felder und Weiden, über kleine Wege, gleiten wir, diesmal sogar manchmal geschoben vom Wind aber eckig und kurvig wie am Morgen, mit einer gemütlichen Geschwindigkeit von manchmal über 40 km/h dahin. Gemütlich zumindest für die sich ab der zweiten Reihe befindenden. Beim Schmutzbier soll dieses „Dahingleiten“ offiziell als „Windschatten Rumlümmelei“ anerkannt werden. Die Durchfahrt durch kleine Städtchen wie Deinze und Waregem zeigt stets wieder, wie wichtig den Belgiern das Leben „draußen“ ist. Überall aufgestellte Terrassen, farbenfrohe Straßenverzierungen lauten den Anfang des Sommers ein.
Die letzte 20km sollen sich nicht als weniger anstrengend darstellen, und Vorsicht ist bis zum letzten Moment geboten. Gerade als Michael, unsere Lok-Cat1, den Weg für alle hinter ihm freimachen will, greift eine seitliche Windböe sein Vorderrad mit ungemeiner Kraft an. Nur durch seine froomischen Eleganz schafft er es jedoch, auch diese Hürde meisterlich zu nehmen, das Rad wieder unter Kontrolle zu kriegen und die Gruppe letztendlich sicher nach Oudenaarde und ins Wielermuseum „de Ronde van Vlaanderen“ zu führen. Und da entdecken wir schon wieder, welche Heldentaten auch wir in den letzten Tagen gemeistert haben, um heile und gesund verschiedene Hellingen und Kopfsteinpflasterpassagen unverletzt durchzukommen…
„ZWIJG, `t is koers“
Original Etappenbeschreibung:
Wir bleiben noch eine zweite Nacht in Oudenaarde, und somit haben wir heute alle Möglichkeiten. Nach dem geballten Klassiker-Programm des gestrigen Tages und der langen Etappen möchte der ein oder andere vielleicht auf dem hübschen Marktplatz von Oudenaarde die Beine hochlegen, in einer frituur einkehren oder auch das Ronde-Museum besuchen. Für alle anderen haben wir eine touristische Ruhetagsetappe, die zwar auch etwa 120 km lang ist, aber dank des flandrischen Flachlandes die möglicherweise höhenmeterärmste quäldich-Etappe aller Zeiten ist. Eine touristische Etappe ist sie wegen des Wendepunktes der Rundtour: Brügge, der wohl kulturell spannendsten und vielleicht auch schönsten Stadt Belgiens mit seinen Kanälen, seinem Marktplatz, seinen Windmühlen. Sie zeigt noch eine andere Facette unseres Gastlandes Belgien: die weite Landschaft des flandrischen Nordwestens. Eine Ruhetagsetappe zum Genießen.
Von majortom – Es ist heute eine Etappe durchs Klassiker-Niemandsland. Von Oudenaarde, dem Zentrum und Zielort der Flandern-Rundfahrt geht es heute Richtung Osten zurück, Richtung Wallonie, Richtung Ardennen. Zielort heute ist das von der imposanten Zitadelle geprägte Namur, Hauptort der Wallonie. Die Topographie: hügelig. Was sonst? Zu Beginn nehmen wir noch ein paar flandrische hellingen auf Asphalt mit. Ein Pflasteranstieg muss dann aber noch sein: die sagenumwobene Muur van Geraardsbergen, auch sie ein nicht wegzudenkender Teil der Dramaturgie bei der Flandern-Rundfahrt. Kurz darauf erreichen wir die Wallonie wieder, fahren auf einsamen Landstraßen durch hügeliges Gelände, genießen die Ruhe und den Flow. Wer in Namur noch nicht genug hat, kann dann noch zur Zitadelle hinauf fahren und den Ausblick hinunter ins Maas-Tal genießen. Und am Horizont grüßen schon wieder die Ardennen.
Von majortom – Die Schlussetappe unserer Belgien-Rundfahrt bietet uns nochmal eine geballte Ladung Klassiker-Flair. Das Kopfsteinpflaster Flanderns haben wir endgültig hinter uns gelassen; nun sind wir wieder mit den steilen Rampen der Ardennen konfrontiert. Es beginnt jedoch ganz zahm, und wir rollen uns entlang des Maas-Tals in östlicher Richtung ein. Der erste Anstieg ist dann die Mur de Huy, Scharfrichter des Halbklassikers Flèche Wallonne, und die vielleicht steilste Côte unserer gesamten Woche. Dann geht es weiter nach Osten, in Richtung des Liège-Bastogne-Gebiets. Entlang der Flüsse Ourthe und Amblève können wir uns noch im Windschatten der Gruppe ausruhen. Doch der letzte Abschnitt unserer Tour ist an den Schlussteil von Liège-Bastogne angeleht. Es folgt Côte auf Côte. Den Auftakt macht die berühmt-berüchtigte Redoute, gefolgt von der sogar noch einen Tacken steileren Côte de la Roche-aux-Faucons. Wie auch die Profis beenden wir die Etappe, schon im Stadtgebiet von Lüttich, mit der Côte de Saint-Nicolas, bis wir uns dann ein belgisches Bier an den Ufern der Maas redlich verdient haben!