Von robert89 – Sechs abwechslungsreiche Etappen - Touren voller Abenteuer, Neugier und über die schönsten Passstraßen Rumäniens! Hinzu kommt noch ein optionaler Prolog (43 km) um Hermannstadt am Anreisetag.
Auf unseren Touren im Karpatenbogen können wir mit der Transalpina, Bucegi und der Transfagarasan Pässe erklimmen, die den Alpenklassikern wie Mount Ventoux, Stilfser Joch und Glockner-Hochalpenstraße weder sportlich noch landschaftlich nachstehen.
Wir durchfahren das größte zusammenhängende Waldgebiet Europas, in dem noch 6000 Bären leben. Wir überholen das eine oder andere Pferdefuhrwerk. Wir statten dem Dracula-Schloss Bran einen Besuch ab, dem wohl bekanntesten der vielen Burgen und Schlösser in Siebenbürgen und der Walachei. Wir besuchen Kronstadt, malerisch eingebettet im Karpatenbogen, die schönste Stadt Rumäniens und Ziel unserer Reise durch die rumänischen Karpaten.
Von Jan – Seit gestern sind wir also nun in Rumänien, am Rand der Karpaten. Schon die Hinfahrt mit axscoach, Droopy und thomsen79 im Begleitbus von Dresden nach Hermannstadt/Sibiu wäre berichtswürdig ob all der gewälzten Erlebnisse, Berge, Pässe, Geschichten und Radsportphilosophie! Selten waren 11 Stunden Autofahrt kurzweiliger. Langsam ändert sich die Landschaft, wir reisen zu unserem Reisestart, sehen den Wienerwald zur Rechten und die Karpatenausläufer zur Linken. Dann die ungarische Tiefebene, und schließlich den Karpatenbogen vor uns. Heute morgen dann ein kurzer Proprolog durch Cisnadie und Poplaca, mit Geschichtslehrer Droopy und Unterricht über Wehrkirchen in Siebenbürgen anhand zweier Anschauungsobjekte.
Der Shuttle bringt gerade die halbe Reisegruppe vom Flughafen, als der Himmel die Schleusen öffnet. Plötzlich steht der Prolog auf der Kippe. Nach einigem Stress mit der Konfiguration der Leihräder ist aber genug Zeit verstrichen, und der Himmel wieder blau. 45 Minuten verspätet starten wir um 17.45 rumänischer Zeit in den offiiellen Prolog: 43 km mit einem wesentlichen Anstieg, dem Calugaru, dem Vorpass, von dem die Stichstraße zur Hohen Rinne abgeht. Morgen fahren wir diesen Vorpass aus der anderen Richtung, nehmen aber die Stichstraße zur Hohen Rinne mit. Auch wenn der heutige Prolog nicht Teil der Ausschreibung ist, kann der geneigte Leser dadurch die heutige Prologetappe aus der morgigen Etappenkarte ablesen.
Als wir in Poplaca um die Ecke fahren, sehen wir erstmals tief in die Karpaten hinein. Die noch über dem Gebirge dräuenden Wolken reißen auf und tauchen die Karpatenhänge, Wälder und Weiden in ein gleißendes Strahlenmeer. Thomas schießt das Bild des Tages.
Nun wenden wir uns dem Tagesanstieg zu. Schmerzende Waden hat uns Robert hier versprochen, und einmal, ein einziges Mal kann das gesamte Team der Reise gemeinsam in einen Anstieg gehen. Seit 2014 bin ich nicht mehr mit Alex zusammen Rad gefahren. Alex, Rupert, Thomas und ich drücken was das Zeug hält. Robert behält recht. Viel zu schnell erreichen wir so die Passhöhe und wundern uns, wo die 400 Höhenmeter auf der Uhr herkommen. Hier stehen wir an einem echten Sattel, rechts geht's hoch zur hohen Rinne, links hinunter nach Sibiu, wo wir morgen hochkommen. Den Pass kann tatsächlich noch ins Pässelexikon aufnehmen. Irgendwann.
Vor der finalen Abfahrt klären wir sicherheitshalber noch auf, dass die folgenden Etappen nicht allein dem Teamvergnügen dienen sollen. So wie dieser erste Anstieg! Die Teamaugen leuchten noch.
Um zwanzig vor acht erreichen wir Hermannstadt, um acht Uhr gibt es Abendessen. Einfache, ehrliche, gute rumänische Hausmannskost. In den nächsten sechs Tagen können wir uns darauf freuen, uns Alex' und Roberts Ortskenntnis anvertrauen zu können, und seiner Passion für die Karpaten. Wir können versteckte Straßen und monumentalePässe fahren, die wir ohne die beiden nicht kennen lernen könnten. Das macht quäldich aus! Wie geht es uns gut!
Roberts Infotext zur Etappe 1 der Karpatenreise
Wir verlassen Hermannstadt nach Süden und nehmen Kurs auf die Karpaten und das Zibinsgebirge. Der Hausberg von Hermannstadt ist unser erstes Tagesziel: Hohe Rinne (Paltinis). Auf der gut 10 km langen Stichstraße gelangen wir bis in 1400 m Höhe. Im Winter Trubel, im Sommer herrscht hier weitgehend Ruhe. Wir fahren wieder hinab und biegen in der Abfahrt links ab und sind bald wieder am Nordrand der Karpaten. Unsere Route führt weiter Richtung Westen. Im Ortszentrum von Selischte können wir uns am Buffet stärken und mit frischer Energie für die zweite Etappenhälfte versorgen, die hinauf in das frühere Schäferdorf Pojana Sibiului führt und schöne Ausblicke Richtung Mühllbach bietet. Nach einer letzten Abfahrt sind wir bereits auf der Transalpina-Gebirgsstraße und fahren auf ihr noch ein Stück abwärts bis zum Hotel.
Von Jan – Bestes Wetter empfängt uns heute morgen in Hermannstadt. Gegen die Prologrichtung verlassen wir die Stadt und wenden uns Richtung Calugaru, dem Vorpass zur Hohen Rinne und Höhepunkt des Prologs. An den Campingflächen feuern die Grills schon unter Volllast für das Mittagspicknick. Mark inspiriert dies zu einem Pausenwunsch, und er ruft: "Mein Pedal ist ab!" Und so ist es auch. Das Pedalgewinde des rechten Kurbelarms hat sich aufgelöst. Praktisch. Jetzt kann man das Pedal ohne Inbusschlüssel einstecken. Es hält nur nicht mehr. Unpraktisch.
Ein Nürnberger Kombi kommt rechts aus der Einfahrt, in der wir zwecks Pedal-Ein- und Aussteckübung angehalten haben. Ja, es gäbe Kaffee an der Pensiunea Alpin. Espresso! Wir müssen Espresso bestellen! Und von ihren besten Freunden Grüße bestellen! Die Herbergsmutter ist tatsächlich sehr nett zu uns, und stellt uns extra einen großen Tisch in die Sonne. Die Sonne ist toll, und es gibt Kaffee. Der überbrückt die Stunde Wartezeit, bis Alex da ist. Mark kann erstmal mit seinem Pinarello weiterfahren. Mark im Glück.
Endlich können wir weiterfahren, am Calugaru vorbei hoch in Richtung Stichstraße. Noch im Wald kommt uns Gruppe 3 entgegen, Rupert wundert sich, wo wir denn her kommen. Ab jetzt sind sie die Gejagten, wir die Jäger, die laut Mark anzustrebende Situation, wie ich jetzt bestätigt finde. Wir stoßen jetzt erstmals tief in die Karpaten vor, und die Almen zur Linken und die Tiefblicke hinter uns machen richtig Spaß. Ab jetzt nimmt die Straßenhundedichte stark zu, der Wald wird dichter. Kurz vor dem Skilift überfahren wir einen Hochpunkt, dann sammeln wir uns. Die Skiinfrastruktur ist hier auch nicht erbaulicher als andernorts. Verzottelte Straßenhunde warten darauf, dass von den Baumstrizeln etwas abfällt, die man hier am Kiosk bekommt. Wir sehen zu, dass wir runter kommen. Die Blicke hinaus in die rumänische Tiefebene sind gewaltig.
Am Calugaru biegen wir links ab, tasten uns die vom gestrigen Gewitterregen bekanntermaßen verdreckte Abfahrt hinunter und bremsen in Gura Raului jäh ab, weil uns eine Trauerprozession entgegen kommt. Das ganze Dorf trägt jemanden zu Grabe. Erst die Männer, dann der Sarg, dann die Jugend, dann die Frauen. Alle in Tracht.
Jetzt zeigt sich, dass der Rest des Tages hart wird. Ein bissiger Gegenwind empfängt uns. Glücklicherweise ist es bis zu Alex' Verpflegungspunkt in Saliste nicht mehr weit. Alex verwöhnt uns. Ich war ja noch nie an seinem Buffet. Alles da, was das ausgehungerte Radlerherz begehrt. Obst, Teilchen, belegte Brote. Sogar Schlümpfe. Nur Mark ist nicht ganz zufrieden, denn er muss Alex' Pinarello wieder abgeben. Alex hat schon Ersatz beschafft.
Nun folgen wir sehr lang dem romantischen Flusstal. Richtig schön, wenn nur der Wind nicht wäre, der uns immer mehr zusetzt. Wir wollen trotz der Untebrechung natürlich die lange Variante fahren. In Poiana Sibiului biegen wir rechts ab. Es geht runter. Jetzt fliegen wir. Im Abfahrtsrausch schießt die Gruppe beinahe am Aussichtspunkt vorbei. Zeit für ein Gruppenbild.
Jetzt zieht es sich. Gegen den Wind schaffen wir nur noch 25 km/h, obwohl die Gruppe vorbildlich im Wind kreiselt, als wären wir schon wochenlang gemeinsam unterwegs. Die Straße befindet sich nun in Auflösung, die tolle Abfahrt zahlen wir hier bitter mit abgefrästem Asphalt und Schotterabschnitten. Ein letzter kleiner Anstieg führt uns nach Sasciori auf die Transalpina. Da sind wir. Nach harter Arbeit sind wir endlich an der Transalpina. Die ersten Kilometer am Mühlbach sind schon vielversprechend. Das Tal ist hier noch tief eingeschnitten, der Wind abgeschirmt, die Hänge bewaldet. Mit einer letzten Anstrengung erreichen wir eine kleine Staustufe und kurz danach das Hotel.
Morgen fahren wir die Transalpina. Es wird wohl etwas nieseln. Aber wir sind alle heiß!
So wollte uns Robert zur Zusatzschleife überreden
Die Plusoption führt auf kleineren Straßen und durch das bergige Vorland der Karpaten. Eine aussichtsreiche und lohnenswerte Abfahrt von Poiana Sibiului, kleine rumänische Dörfer und verkehrsarme Straßen erwarten uns.
Von Jan – Konzentriert gehen wir heute in Gruppe 2 die Transalpina an. Das Routing ist heute denkbar einfach. 119 km weist die Etappe aus. Bis Km 110 folgen wir der Transalpina, danach müssen wir genau einmal links abbiegen. Das sollten wir schaffen.
Wir kreiseln langsam per Speeddating im faktisch nicht vorhandenen Wind. Die angenehmen Steigungsprozente und der sich kaum ändernde dichte Wald rechts und links der Straße fordern unsere Aufmerksamkeit nicht zu stark, wir können die großen Themen des Radsports wälzen. Was war? Was ist? Was kommt?
Heute kommt die Transalpina, und es entwickeln sich langsam Zweifel an Alex Vorhersage: Am Pasul Urdele, dem Hochpunkt der Transalpina, soll es 12 Grad haben. Unter diese Marke fallen wir noch vor dem zweiten Stausee, auf 1100 Höhenmeter. Hier ist Brandenburg. Hier fühlt sich Uli wohl. Uli schaltet aufs große Blatt.
Nach dem Stausee mit seinen obligatorischen Imbissständen beginnt die Schlussrampe zum Pasul Tartarau. 400 Höhenmeter mit ersten Steilstücken sollten schnell zu absolvieren sein. Was vorher Nebel war, verdichtet sich immer mehr. Da helfen keine Beschönigungen, es regnet. Zum zweiten Mal in diesem Jahrhundertsommer ziehe ich meine Regenjacke an. Die Passhöhe liegt unscheinbar im Wald, der Hochpunkt ist am Gipfelplateau nicht auszumachen. Aber die Gruppe wartet trotzdem. So eine tolle Gruppe!
Es ist kalt. Es ist nass. Meine langen Handschuhe trägt Backi, er braucht sie sicher noch mehr als ich. Schlotternd erreichen wir Obarsia Lotrului und sind froh, Alex zu sehen. Ich hätte alles, was ich jetzt anziehe, auch in meiner Guidetasche gehabt, aber dann wären die Beinlinge jetzt nass, und ich wollte sie für die zweite Abfahrt trocken haben. Den Anstieg zum Pasul Urdele trete ich mit Überschuhen, Windstoppersocken, Beinlingen, Ärmlingen, zwei Thermounterhemden, einem Trikot und meiner Regenjacke an. Die Transalpina zweigt in ein Hochtal ab, es steigt kaum an, und so erreicht kaum Wärmeenergie den ausgekühlten Körper. Endlich beginnt die Steigung. In weiten Kehren windet sich die ab hier orange markierte Straße nach oben. Die Steigrate der Gruppe schnellt in vorher ungeahnte Höhen, so ausgekühlt sind alle.
Jetzt erreichen wir die Almstufe, und hier wird es wunderschön. Alex hat nicht übertrieben. Der Regen hat aufgehört, die Wolken hängen tief, mystischer Nebel zieht über die Straße. Wo wir etwas sehen können, ruft die Straße Erinnerungen an tolle Alpenpässe auf. Die steile Gerade wie am Timmelsjoch, die runden Bergkuppen wie an der Nockalmstraße, die Streckenführung laut Thomas wie in einer Carrera-Bahn. Im dichten Nebel erreichen wir den ersten Hochpunkt, wir sehen hier gar nichts, die Touristenhütten sind alle zu. Wir stürzen uns in die Senke. Laut ertönt die Motivklingel. Alex und Uli stehen an der Abbruchkante zu dem markanten Trogtal, das wir im Folgenden im weiten Bogen umkurven. Wie hinter dem Fuscher Törl am Glockner, findet Rupert. Wie am Soulor, findet Alex. Vor allem wegen des Nebels, durch den jetzt aber malerisch die Sonne bricht.
Einzigartig, sind wir uns alle einig.
Jetzt sind es keine 200 Höhenmeter mehr. Die letzten Kehren sind noch einmal steil. Frierend steht die Gruppe am Hochpunkt, bei 2 Grad. Meine Ansage, schon runter ins Warme zu fahren, wurde leider missverstanden. So fahren wir jetzt gemeinsam ab in Richtung Walachei. Schnell wird klar, dass sich nun bald die Sonne durchsetzen wird. Am Horizont hinter Braca sehen wir schon die Wolkenkante, und darunter bis weit hinein in die Tiefebene der Walachei. Die Abfahrt ist rasant, kurz unterbrochen von Hunden, einer Schafherde und einigen Kühen auf der Straße. Die Sonne bricht durch die Wolken, plötzlich mit der geballten südeuropäischen Septembergewalt. Erst ganz am Ende der Abfahrt entledege ich mich meiner Regenjacke, und die erste der beiden kleinen Wellen in Richtung Pizzarestaurant nehme ich noch in voller Montur, die ich hernach nach und nach abschäle. Nach 119 km und 2600 Höhenmetern erreichen wir die kleine Fast-Food-Pizzeria voll in der Walachei.
Jetzt gibt es Pizza und Getränke für alle. Hoch die Flaschen, die Transalpina ist bezwungen, wir haben dem Wetter getrotzt! Ein hartes Stück Arbeit zwar, aber ein wunderschönes Passerlebnis, dass uns niemand nehmen kann.
Nun kommt der Bus (wirklich!) und fährt uns drei Stunden zurück nach Sibiu. Bären haben wir heute nicht gesehen, aber morgen haben wir die nächste Chance an der Transfagarasan, auf der wir den Karpatenkamm zum zweiten Mal überqueren. Wir freuen uns sehr darauf, und auf besseres Wetter. Drückt uns die Daumen!
So wäre es bei schönem Wetter gewesen:
Eine Etappe, eine Straße. Wenn man 110 km auf einer der bekanntesten rumänischen Passstraßen zurücklegt, ist das ein prägendes Erlebnis. Erst seit wenigen Jahren überhaupt durchgängig asphaltiert, windet sich die Transalpina bis in eine Höhe von fast 2200 m. Dabei gibt es mehrere Hochpunkte, wovon der Pasul Urdele bei km 85 das absolute Maximum darstellt. Doch bis dahin gewinnen wir über viele Kilometer an Höhe. Ab Kilometer 72 sind wir oberhalb der Baumgrenze und verlassen die tiefen Wälder. Unglaubliche Ausblicke in die weite und unverbaute Natur der Karpaten sind bei gutem Wetter garantiert. Wir überqueren die Transalpina nach Süden und rollen über Ranca die lange und traumhafte Abfahrt bis Novaci hinab. Voller Euphorie schaffen wir auch noch die letzten Kilometer bis zur Pizzeria. Hier können wir uns stärken und werden dann vom Bus zurück nach Hermannstadt gebracht.
Von Jan – "Man erlebt nicht häufig Tage wie diesen", sage ich heute Abend vor der versammelten Reisegruppe. "Tage, an die man sich ein Leben lang erinnern wird!" Solche Tage kann man ja nicht garantieren, das wissen wir bei quäldich. Es muss schon viel zusammen kommen. Eine tolle Gruppe gleichgesinnter RadfahrerInnen, ein außerordentlicher Pass, vielleicht ein monumentaler wie die Transfagarasan heute, und mit etwas Glück noch etwas Unvorhersehbares. Heute waren es die Braunbären am Stausee unterhalb der Transfagarasan. Drei Bären hat meine Gruppe 2 gesehen, die anderen Gruppen sogar eine Bärin mit drei Jungen. Das ist natürlich kein Zoo hier, das sind Wildtiere. Entsprechend groß war unser Respekt, entsprechend groß die Begeisterung in der Gruppe. Das wir unseren Teilnehmern solche Tage bereiten können, macht mich glücklich und stolz. Danke an Alex und Robert, dass ihr den Mut hattet, eine Entdeckungsreise nach Rumänien anzubieten, die uns diese Erlebnisse ermöglicht!
Das Timing an der Passhöhe ist optimal. Mark fotografiert mich und Alex vor dem Serpentinen-Festival der Transfagarasan.
Wir können nun leider die Transalpina aufgrund des gestrigen Schlechtwetters nicht beurteilen, und daher ist für uns alle die Transfagarasan natürlich das Nonplusultra Rumäniens. Heute war das Wetter deutlich besser, die Wolken hängen direkt über der Passhöhe, und den phänomenalen Serpentinenhang im Hochtal der Transfagarasan sehen wir in voller Pracht unter uns. Kalt ist es wieder, 2 Grad wieder wie gestern, aber trocken und damit viel erträglicher. Dennoch stürzen wir uns mit allem, was wir haben, in die Abfahrt. Die Temperatur will nicht recht zunehmen, auch am Stausee auf 870 m Höhe herrschen nur 11 Grad. Das wellige Terrain bringt wieder etwas Wärme in die dick eingemummelten Körper. Die Gruppe ist gerade wieder zusammen, als uns ein mächtiger Braunbär auf der Straße entgegen kommt. Er hält sich ganz an der rechten Leitplanke. Wir halten uns gannz links. Hier hilft Roberts Rat nichts, uns nur im Schutz eines Autos an dem Bären vorbei zu wagen. Ein Auto ist nicht da, und für eine Wende macht der Braunbär die Räume eng. Wir fahren vorsichtig am linken Straßenrand vorbei, die Kameras im Anschlag. 45 km/h kann ein europäischer Braunbär laufen. Im welligen Terrain hier wird das auf Dauer schwierig. Der Bär ist unbeeindruckt. Gänsehaut. Auf dem weiteren Weg sehen wir noch zwei, die aber deutlich mehr Respekt vor den surrenden Freiläufen haben.
Mit leuchtenden Augen erreichen wir unsere Unterkunft La Cetate, in der uns die Ururenkelin von Graf Dracula mit einem Fingerzeig auffordert, ihr zu folgen. Zum Glück will sie uns nur den Radraum zeigen!
Und so hörte es sich in der Vorschau an:
Nach Osten fahren wir aus Sibiu heraus. Hügelige Wiesen- und Weidelandschaft und kleine abgelegene Dörfer prägen das Bild auf den ersten 60 km. Auf der rechten Seite haben wir den Gebirgszug des Fagaras stets im Blick. Nach ganz kurzer Einlage (1 km) auf der unumgänglichen E68, biegen wir bei km 63 auf die bekannteste rumänische Gebirgsstraße ein. Wir stärken uns am Buffet von Alex. Die Energie ist für die nächsten 1300 Höhenmeter hinauf zum Pasul Balea auf der Transfagarasan auch nötig. Unten noch etwas öde im Wald, offenbart sich im oberen Teil feinste rumänische Straßenkunst. Spektakulär! Bis zum Etappenziel an der Burg Poenari, der echten Vlad Draculea Burg läuft es von der Passhöhe überwiegend bergab. Doch Vorsicht vor Schlaglöchern, Bären, dunklen Tunneldurchfahrten und der ein oder anderen fiesen Welle.
Von Jan – Zum dritten Mal springen wir heute über den Karpatenhauptkamm, zum ersten Mal nicht von Nord nach Süd, sondern in Gegenrichtung. Auch der Wind meint es gut mit uns, er hat gedreht und weht wieder von hinten. Nach bitterer morgentlicher Kälte ist es schon bald mollig warm, wir können kurz-kurz fahren.
Nach der Etappe sind wir uns einig, dass André der Held des Tages ist. Hat er doch angeregt, den Europastraßenpass Pasul Bran durch eine enge Schluchtpassage zu ersetzen. "Da hinter geht's auch noch richtig hoch, aber man spart sich insgesamt sogar ein paar Höhenmeter, vor allem aber viel Verkehr", war die überzeugende Werbebotschaft. Dass man sich auch einiges an Kilometern spart, insbesondere einiges an Anstiegslänge, und dass der Höhenmeterverlust minmal ausfällt, war auch André vorher nicht ganz klar, ist er den Anstieg zuvor ja auch nur auf Rouvy gefahren. Sehr steil wurde es, und sehr schön wurde es. Erst durch eine nur wenig meter breite, tief eingeschnittene Schlucht der Dambovicioara, dann ein steiler Anstieg. Sicher steiler als das Steilstück am Pasul Urdele, das Alex uns noch als das steilste der Reise verkauft hat.
Insgesamt ein wunderschöner Ersatz und sicherlich die drittschönste Karpatenhauptkammquerung Rumäniens. Beschreibung folgt. Danke, André!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Der Burg von Vlad Draculea kehren wir den Rücken. Tagesziel ist heute das bekannte Dracula Schloss von Bran. Südlich des Karpatenkamms sind wir in der Walachei und durchqueren die walachische "Toskana". Auf und ab geht es hier, nicht steil und auch nie wirklich lang sind diese Hügel. In Erinnerung wird vielleicht so manche Ortschaft bleiben, wo der Fortschritt nur langsam einzieht und auch die zu 99% lieben Straßenhunde kein leichtes Schicksal haben. Auch das ist Rumänien! Wir verpflegen uns in der Stadt Campulung am Buffet von Alex und rollen im Anschluss über den Pasul Mateias, direkt am Mausoleum zu Ehren von Helden des Ersten Weltkrieges vorbei. Landschaftlich ist die zweite Etappenhälfte der schönere Teil der Etappe. Der Pasul Bran ist ein wahrer Rollerberg - erst hinauf und belohnend auch hinab bis zum Zielort nach Bran.
Von Jan – Über die ersten 62 Kilometer der Etappe decken wir heute den Mantel des Schweigens. In Sinaia dürfen wir die Europastraße verlassen und in die Bucegi aufsteigen. Sofort ebbt der Verkehr ab, und abgesehen von einer Nahtoderfahrung in Kombination mit einem Zementmischer verlaufen die weiteren 11 Km bis zur Verpflegung bei Alex relativ ereignislos konstant ansteigend im Wald.
Ab hier erleben wir eine fantastische Etappe. Alex hat das Verpflegungsmobil gekkonnt in der Panoramakurve abgestellt und verpflegt uns in einer steifen Brise aufs Beste. Nun öffnet sich die Landschaft. Im Süden blicken wir über tiefe Wälder in die Tiefebene, im Norden beginnt die Almstufe, durch die sich die Straße kurvenreich den Hang entlang schlängelt. Am Saua Dichiu, einem Vorpass auf 1595 m Höhe, zweigt die Stichstraße in die Bucegi ab. Eine Hochalmfläche von karger, unaufgeregter Schönheit. Rumänische Tundra. Ich fühle mich an den Campo Imperatore erinnert, auch Alexanders Assoziation mit dem Monte Grappa kann ich nachfühlen. Der Wind weht steif von vorne, aber er stört nicht. Er verlängert nur den Befahrungsgenuss, bis wir am Ende des Asphalts die Räder abstellen. Hier ist ein großer, gut gefüllter Parkplatz. Wir fühlen uns trotzdem wohl und sammeln uns wie die Affen auf zwei großen Felsen. Schön hier! Die Zeit verstreicht. Ein netter Ranger weist uns darauf hin, dass der Nationalpark eintrittspflichtig ist. 10 Lej pro Person, das sind zwei Euro. Mit Karte könne man nur am Foodtruck zahlen, nicht bei ihm. Für 20 Lej pro Person gibt es am Foodtruck noch ein alkoholfreies Bier dazu. Also neunmal Eintritt, neunmal Moretti zero. Die Zeit auf dem Felsen verstreicht weiter.
Dann noch einmal über die wunderschöne Hochfläche zurück zum Vorpass, dann runter, und über zwei Wellen zu unserem tollen Hotel mitten im Hinterland der Bucegi. Was für eine schöne Etappe! Jeden Kilometer Europastraßenmoloch wert!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Von Bran aus starten wir Richtung Norden, vorbei an den "kleinen Dolomiten" zur linken Seite. Wir nähern uns dem Pasul Paraul Rece. Danach wird es auf der Europastraße bis nach Sinaia verkehrsreicher. Wir üben wieder die Einerreihe. Der Lohn für diesen eher unschönen Streckenabschnitt gibt es ab Kilometer 62. Traumhaft schön schlängelt sich die Straße hinauf. Mitten im Anstieg zur Bucegi, machen wir die Pause. Nicht weil wir den mühevoll gewonnenen Bergauffahr-Rythmus brechen wollen, sondern weil sich hier ein toller Ausblick offenbart. Nach der Pause wird es nicht minder schön. Die Stichstraße auf den kargen Bucegi-Kamm ist absolutes Pflichtprogramm. Bis ins Hochtal, wo wir das Hotel beziehen werden, sind es noch 24 km durch beeren- und bärenreiche Wälder.
Von robert89 – Die Schlussetappe ist mit unter 100 km sehr kurz gehalten. Denn Kronstadt (Brasov) gilt als schönste Stadt Rumäniens und ist unser Ziel der Reise! Zunächst rollen wir auf bekannten Straßen nach Sinaia hinab. Von hier nehmen wir über die leider nervige Europastraße und eine kleinere Umgehungsstraße Kurs auf Kronstadt. Vom Pasul Predeal fliegt man die verbliebenen Kilometer bis in die Stadt auf der imposanten Schnellstraße hinein. Keine Scheu zeigen wir vor den dreispurigen Kreisverkehren in der Stadt und finden uns wenig später im mittelalterlichen Stadtzentrum vom Brasov wieder. Wir fahren direkt am Hauptplatz und der imposanten Schwarzen Kirche vorbei, aber nicht ohne einen Halt in einem der Cafés, um die Reise würdig ausklingen zu lassen. Bis zum Hotel Belvedere sind es nur noch einige wenige Kilometer - natürlich bergauf!
Von Jan – Die E60 ist wie E605. Ha! Aber wir sind immun. Triumphale Einfahrt nach Brasov/Kronstadt! Burger auf dem Marktplatz, Cooldown nach Schulerau/Poiana Brasov. Alle heile da!
Abends genießen wir ein fantastisches Abschlussessen über den Dächern Kronstadts. Eine tolle Entdeckungsreise in ein wildes Land geht zuende. Was haben wir alles erlebt, an Transalpina, Transfagarasan und Bucegi. Danke Alex, für diese tolle Reise!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Noch nicht genug vom Rennradfahren in Rumänien? Die Plusoption bietet einen Stich hoch nach Schulerau. Poiana Brasov ist einer der beliebtesten Wintersportorte Rumäniens und liegt erhaben 400 m über Kronstadt. So manches Hotel ist hier besonders mondän. Der Anstieg rollt bei angenehmen Steigungsprozenten. Ein sportlicher, aber nicht zu herausfordernder Ausklang der Reise, denn am Nachmittag soll für Kronstadt noch genug Zeit bleiben.