Von majortom – Die südlimburgische Hügellandschaft, die steinen Rampen der Ardennen, das flämische Kopfsteinpflaster und die Hölle des Nordens. Auf dieser Tour klappern wir nacheinander die Reviere der bekannten Frühjahrsklassiker ab, wie Amstel Gold Race, Lüttich-Bastogne, Flandern-Rundfahrt oder Paris-Roubaix. Und ganz am Ende drehen wir eine Extrarunde im Velodrom von Roubaix!
Von Jan – Herzlich Willkommen aus Spa, dem Ziel unserer Autftakt-Etappe von Aachen-Roubaix durch das Mergel- und Heuvelland, dem Schauplatz epischer Kämpfe, glorreicher Siege und bitterer Niederlagen bei Amstel Gold Race und Lüttich-Bastogne-Lüttich.
Berichtet wird heute aus der sportiven Gruppe, bestehend aus einer niederoberbayerischen Viererphalanx, einem thüringischen Solokämpfer und dem kompletten quäldich.de-Management aka Tom und Jan. Tom dabei bei seinem ersten sportiven-Gruppen-Exkurs seit einer legendären Vogesen-Etappe der Deutschland-Rundfahrt im Jahr 2013 und aufgrund dessen voller demütiger Erwartung seiner Zerstörung.
Und die Bayern-Combo drückt gleich von Anfang an ordentlich aufs Gas, die 800 Hm/h der sportiven Gruppenausschreibung sind Makulatur. Gefahren wird übrigens nicht die auf der Karte ersichtliche Route, sondern die Tour 1B, die vor dem Pannisberg noch Bovenste Bosch und Loorberg einstreut. Im zweiten Abschnitt wird der Hagelstein durch Magis und Clemont ersetzt.
Das Problem an den kurzen, steilen Rampen wird schnell klar: die Bayern drücken überall voll drüber. Und wir machen mit. Am Kruisberg zeigt mein Garmin kurzfristig 1800 Hm/h. Fast ausschreibungskonform, und keine Gnade für Tom.
Aber herrlich ist es hier, im Mergel- und Heuvelland. Ich läster ja gerne über die unglaubliche Passmarkenfülle, die auf quäldich nirgends dichter ist als in dieser Region, aber im Frühlingsgrün mit gelben und weißen Blüten allerorten sind die sanften Wellen, die wir stets weit überblicken können, einfach wunderschön. Und ja, trotz des hohen Tempos können wir die Landschaft genießen. Nur wo Belgien ist, und wo Holland, das versteht nur Tom. Aber der kennt sich ja hier auch aus.
Am Keutenberg schreckt das 22%-Schild ab, Angriffe bleiben aus, so dass ich das Leiden auf Bilder bannen kann. Wir fühlen uns wie die Profis. Abgehängt und ohne Siegchance. Nun rollen wir wellig hinunter nach Valkenburg, wo sich der Cauberg anschließt. Den kenne ich schon von Düsseldorf-Paris, als ich zu früh angegriffen habe, und Matti mir eine üble Schmach zugefügt hat. Heute mache ich es besser und bleibe bis oben an Christian dran, der ordentlich drückt. Ohnehin habe ich das Gefühl, dass die Bayern einen Plan haben, und stets jemand anders geht. Morgen muss ich reagieren. Das Gasthaus am Cauberg ist ganz auf Radfahrer eingerichtet, und ich habe das Gefühl, dass man uns gerne die Trinkflaschen füllt. Schön!
Nun sind es nur noch wenige Kilometer bis wir zum ersten Mal die Sille treffen, die uns aufs Vorzüglichste aus dem Bus verpflegt. Hier bleibt kein Wunsch unerfüllt. Als wir gerade abrauschen wollen, trifft auch die ausdauernde Gruppe ein, die also nicht viel langsamer unterwegs war als wir. Krass!
Nun geht es hoch nach Schey, runter, und hoch nach Magis, noch mal ein steiler, langer Anstieg. Nach der Abfahrt lockt das Kloster in Val-Dieu, aber hier kehren wir nicht gleich schon wieder ein, wir kommen ja gerade erst aus der Mittagspause. Stattdessen gehen wir den schleichenden Anstieg nach Clermont an. Genau mein Ding. Sanfte Steigungen, snafte Kurven, Bäume, Wiesen, Ausblicke. Wow. Hier verabschiedet sich Majortom, der heute noch nach Aachen zurück muss und im Endeffekt genauso weit gefahren ist wie wir.
Oben in Clermont erwartet uns üblles Pflaster, eine willkommene Einstimmung und Training für die weiteren Tage. Runter gehts nach Limburg, hoch zur Barrage de la Gileppe, wo auch keiner ein Bier trinken will, also kommen wir schon um 5 vor drei in Spa an. Viel Zeit zur Regeneration, die nach diesem Schlachtfest bitter nötig ist. Nun freuen wir uns auf die harte Ardennentour morgen. Und auf die Wiederherstellung unserer Beine.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Los geht es in der Kaiserstadt Aachen am westlichsten Ende Deutschlands. Wir fahren vorbei am bekannten Kaiserdom und verlassen mit dem Aachener Stadtgebiet auch gleich Deutschland – die Niederlande heißen uns willkommen. Die erste Prüfung von vielen kurzen, aber gemeinen Prüfungen für die Kletterer ist dann auch gleich der höchste Punkt der Niederlande, das Dreiländereck auf dem Vaalserberg. Kurzzeitig geht es durch Belgien, doch schon bald betreten wir wieder niederländischen Boden und wenden uns erstmal für eine Schleife nach Norden ins Kerngebiet des südlimburgischen Heuvellandes. Der Camerig bietet immerhin sagenhafte 130 Höhenmeter am Stück, dann kommen in rascher Folge Kruisberg, Eyserbosberg und Keutenberg, bevor es auf den mythischen Cauberg, den Scharfrichter des Amstel Gold Race, geht. Bald darauf sind wir schon wieder in Belgien und arbeiten uns ins Vesdre-Tal vor, wo mit der Barrage de la Gileppe der finale Anstieg ansteht, bevor wir das Etappenziel in Spa erreichen.
Von bruckner13 – Dass ich in Relation zur Körpergröße eine zu große Klappe habe, ist dem quaeldich-Stammpublikum ja hinlänglich bekannt. Weniger bekannt ist, dass ich damit regelmäßig auf die Schnauze falle. Gut so!
Jüngstes Beispiel: Gestern versuchte ich bei der quäldich-Reise Aachen-Roubaix ein Punkte-Rennen auf den Strecken der Klassiker Amstel Gold Race, Fleche Wallonne und Pastice-Roubaix ausgerechnet in der ,,entspannten Gruppe 3" ein Punkterennen zu etablieren. Absurd!
Da die Teilnehmer keineswegs so blöd wie ihr Guide sind, wurde ich schon am ersten gewerteten Anstieg, dem -sorry Niederländer- lächerlichen Cauberg, verarscht: Die sämtlich offensichtlich in guter Form befindlichen Radler
ließen den moppeligen Weißhaarigen (mich) nämlich einfach keuchend vorbeiziehen und die sogenannte Bergwertung gewinnnen. Soll er doch seinen Spass haben!
Dr. Sahner hat diesen kläglichen Versuch gestern -glücklicher weise- gar nicht mitbekommen, so dass die quaeldich-community beim Lesen des gestrigen Berichts noch gänzlich von dem Mist verschont blieb.
Anders sieht es mit der Laberei heute aus: Letztes Jahr verkündete ich hier im Blog: ,,Aachen-Roubaix wird eine besondere Reise". Sicher, ich meinte es damals anders, aber irgendwie behielt ich doch recht: Noch nie war die Gruppe 3 sportlich dermaßen stark.
Erstmals ist das Etikett ,,Entspannte Gruppe" zutreffend: ,,Cote de la Redoute? Mur de Huy? Wie, die Fotos waren nicht OK? Peter, warte, wir fahren grad schnell nochmal mal hoch,
knipps nochmal,
und bestell auch schon mal 10 Bier.
denn:
(Siegerpokal entspannte Gruppe (darf ich jetzt wieder mit nach Hause nehmen)) :-)
Von Jan – Es regnet heut morgen beim Aufwachen in Namur, der Hauptstadt Walloniens. Es regnet auch noch um 9, als wir losfahren wollen, aber um 7 Uhr scheint es um 10 trocken zu werden. Leider verschiebt sich die trockene Phase auf später, und so regnet es, als wir um 10 wie geplant losrollen. Es regnet auch noch in Mellery, wo das angekündigte, gefürchtete Kopfsteinpflasterstück beginnt. Wir eiern ziemlich runter, aber wir überleben es. Unten passieren wir die Ruinen der Abbaye de Villers, für die wir aber kein Auge haben. Ohnehin haben wir kein Auge für irgendwas außer der nassen Straße, den schmalen Reifen und Hintern vor uns. Schade, denn Flandern wäre bei Sonne sicher schön.
Es regnet auch noch am Canal de Ittre, wo Sille uns rapide versorgt, damit wir nicht zu sehr auskühlen. Die Wechselkleidung aus dem Tagesrucksack verschafft kurzzeitig Trocknung. Und dann regnet es auf der Passage nach Geraardsbergen, in Geraardsbergen, und auf der Muur de Gerhaardsbergen. Keiner kommt hoch, aber zwei zu Fall. Epischer Anstieg, toller Ortskern, Kamera abgesoffen. Also weiter auf hakeligen Pfaden zum Valkenberg, die Hauptstraßen meidend. Lektion in Demut für mich von Andreas. Revanche am Eikenberg, wieder auf Pflaster. Keiner kommt zu Fall. Und dann regnets bei der Einfahrt nach Oudenaarde, dem Zielort der Flandernrundfahrt. Epischer Tag. Unvergesslich.
Hat also nur einmal geregnet heute in Flandern.
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Das dritte Teilstück ist – auch wenn es auf den ersten Blick vielleicht so scheinen mag – nicht nur eine Übergangsetappe. Nein, nach all den bekannten Namen aus den Profirennen, die wir die vergangenen zwei Tage abgeklappert haben, tut es vielleicht auch mal ganz gut, in das unbekannte Belgien einzutauchen, das Niemandsland zwischen den Ardennen und dem flämischen Hügelland. Eine authentisch belgische Etappe, keine Frage.
Wir verlassen Namur entlang der Sambre und haben so auf den ersten Kilometern noch ein wenig dichteren Verkehr, doch damit ist schon bald Schluss. Über einsame Landstraßen hangeln wir uns von verschlafenem Dorf zu verschlafenem Dorf, das Terrain ist wellig bis hügelig, abwechslungsreich, es macht einfach Spaß hier Rad zu fahren und zu beobachten, wie die Landschaft sich verändert. Ein besonderes Bonbon wartet nach Mellery auf uns: ein erstes Kopfsteinpflaster-Stück als Einstimmung auf die kommenden Tage. Hinter Ittre dann nochmal ein kurzer Anstieg, und bald darauf haben wir bei Enghien die Grenze nach Flandern überquert. Dann ist es auch nicht mehr weit bis zum Höhepunkt des Tages: der sagenumwobenen Mauer von Geraardsbergen, natürlich auf Kopfsteinpflaster, was sonst. Bevor wir durch hügeliger werdendes Gelände zum Tagesziel Oudenaarde, Zielort der Flandern-Rundfahrt, vordringen, ist mit dem Eikenberg noch ein weiterer gepflasterter Anstieg zu überwinden. In Oudenaarde passieren wir noch das Ronde-van-Vlaanderen-Museum – wer möchte, kann ihm ja noch einen kurzen Besuch abstatten.
Von Jan – Wie so oft auf quäldich-Reisen hat uns Reiseplaner Tom auch für Aachen-Roubaix neben der ausgeschriebenen Regelplanung eine verschärfte Variante zusammengestellt. So kann jede Gruppe wählen, wie sehr sie sich quälen will. Die ausdauernde Gruppe 2 und die sportive Gruppe 1 will sich heute länger quälen, als 90 km mit 700 Höhenmeter über 3 Hellingen der Flandernrundfahrt und das Pflaster von Paris-Roubaix, und wir starten auf eine 125 km-Runde mit 1350 Höhenmetern. Das hört sich immer noch nach nicht viel an, aber das Höhenprofil ist furchteinflößend. Elf Hellingen sind auf der ersten Etappenhälfte zu bezwingen: Wolvenberg, Koppenberg, Steenbeekdries, Taalenberg, Oude Kwaremont, Paterberg, Hoogberg, Kruisberg, Karnemelkbeekstraat und Kluisberg. Und die Bayern drücken, was das Zeug hält. Als gäb's kein morgen, und geschenkt wird nichts. Die Beine brennen. Pflaster am Koppenberg und Paterberg, Betonplatten, kreuz und quer. Orientierung unmöglich. Endlich entlassen uns die flämischen Hellingen aus ihrem Klammergriff und spucken uns am Kluisberg in die Wallonie aus, in der es deutlich flacher und allenfalls wellig schnurgeradeaus nach Tournai geht. Kurt spannt seine beste Ausbildungslokomotive in den Wind, und Michi macht Dampf. Schon sind wir in Tournai, wo die fehlende Brücke unseren Drang zum Marktplatz nur kurz bremsen kann. Tragepassage, kein würdiger Abschluss für Michis Parforceritt. Danke, das war einfach. Im Windschatten.
Fritten-Apokalypse bei Super Frites am sehr sehenswerten Marktplatz von Tournai. 35 km fehlen noch, genau 10 km bis zum ersten der fünf letzten Pavés von Paris-Roubaix, die noch vor uns liegen. Wellig und schnell weg gedrückt. Grausam dann die Brutalität des Pavés. Michi und Christian wie Boonen & Cancellara, ich sichere das Feld nach hinten ab. Erstens weil ich platt bin, zweitens weil der Guide beim Pavé nach hinten gehört. Oder?
Im Pavé de carrefour de l'Arbre dann gar keine Gnade mehr, kein Seitenstreifen. Dann rollen wir auf Roubaix zu, die Wegweiser nehmen zu, dann das Ortsschild. Gänsehaut. Überall ist "Ici, le cyclisme. Depuis 1896" ausgeflaggt, wir biegen in das Velodrom ein. Laute Musik ertönt zur Ehrenrunde, passenderweise findet hier eine Großveranstaltung statt, auf der es nicht stört, dass wir unsere Runden drehen. Peters Gruppe ist auch da, wir haben es geschafft. Epische Tage liegen hinter uns, härter als gedacht, nässer als erhofft, und eindrücklicher als erwartet. Soviel gesehen, fast alles davon ist tief in der Radsporthistorie verankert.
Grandios! Wir sind in Roubaix!
Ursprüngliche Etappenbeschreibung
Flandern und Nordfrankreich. Hier findet Radsport auf Kopfsteinpflaster statt; die Materialschlachten bei der Flandern-Rundfahrt oder Paris-Roubaix sind ein ganz besonders Spektakel. Wir veranstalten zum Glück kein Rennen, aber auf diesem historischen Terrain fühlt es sich vielleicht dennoch so an. Es beginnt am Morgen mit dem Koppenberg, gefolgt vom Oude Kwaremont und dem Patersberg – jenem gefürchteten Pflaster-Dreigestirn der Ronde. Danach arbeiten wir uns wieder gezielter nach Süden vor, wo wir Mittags das schöne Städtchen Tournai erreichen sollten. Inzwischen sind wir wieder im wallonischen Teil Belgiens angelangt, und kurz darauf wird auch die Grenze nach Frankreich überquert. Wir sind schon vor den Toren von Roubaix, dem Zielort unserer Tour. Bevor wir jedoch im Velodrom von Roubaix einlaufen, sind erst noch die letzten fünf Sektoren von Paris-Roubaix zu überwinden, darunter das gefürchtete Pavé Carrefour de l'Arbre, wo oft die Vorentscheidung um den Sieg beim Frühjahrsklassiker fällt. Die Pavés liebt man oder man hasst sie – doch eines ist unbestritten, hier muss man als Radsportfan mal gewesen sein!