Von tortenbäcker –
Um 5:00 klingelt der Wecker. Völlig selbstverschuldet. Morgenstund hat Gold im Mund. Mir ist allerdings auch schon folgende Abwandlung zu Ohren gekommen: Morgenstund hat Blei im A***h. Eine gute halbe Stunde später lege ich los und verpasse leider das bestimmt reichhaltige Frühstücksbuffet. Pech.
Die 20 km nach Heiligenblut eignen sich gut zum Aufwärmen. Bereits hier kommt man den noch fernen Grossglockner zu Gesicht. Als erstes möchte ich zur Franz Joseph Höhe fahren. Die Strasse ist komplett verlassen und dies bei perfektem Wetter und sagenhafter Morgentimmung. Mir soll’s recht sein. Um 8:15 komme ich oben an. Eigentlich wollte ich hier mein Frühstück nachholen, aber das Restaurant ist noch geschlossen. Der Schlafftourist muss halt eben erst noch Energie beim Frühstücksgelage im Hotel bunkern, damit genug Kraft bereitsteht, um danach das Gaspedal durchzustemmen.
Da ich kein Futter mehr dabei habe, stelle ich eben um auf Fettverbrennung (am Allerwertesten gibt’s genug Reserven) und bewältige noch die Strecke bis zum Hochtor. Dort dann endlich frühstücken. Nach weiteren Höhenmetern stelle ich verdutzt fest, dass es am Hochtor tatsächlich kein Restaurant gibt. Naja, jetzt wo die Fettverbrennung schon mal angelaufen ist, hänge ich eben noch die Edelweissspitze an und mache nachher halt am Fuscher Törl.
Als ich bei der Edelweissspitze ankomme, sind bereits diverse Touristen am Start, es ist schliesslich bereits nach 10:00. Und wie immer, wenn sich viele Touristen in den Bergen tummeln, gibt es einiges zu sehen. Da kann man zum Beispiel ein paar Damen beobachten, die Handtaschen dabei haben, die voluminöser sind als mein gesamtes Gepäck. Das 283teilige Beauty Case muss Frau von Welt eben stets bei sich haben. Wirklich mühsam wird es dann, wenn nun eine Treppe mit einer derartigen Last erklommen werden muss. Bilder des Grauens. Wahre Leiden am Berg.
Im Restaurant Fuscher Törl genehmige ich mir eine Ladung Pinzgauer Kasnockn, hohe Kaloriendichte, genau was ich brauche. Richtung Westen brauen sich über den Bergen die ersten Wolken zusammen, zum Glück habe ich nicht ausgeschlafen.
Also runter ins Flachland und ab nach Bratislava. Ich möchte noch bis Schwarzach fahren und da in den Zug steigen, da ich fälschlicherweise annehme, dass im kleineren Bruck keine brauchbare Zugverbindung besteht. Es sollte noch heute nach Bratislava reichen, schätze ich. Das Flachstück bis nach Schwarzach habe ich überhaupt nicht in der Planung berücksichtigt. Eigentlich gäbe es einen Radweg, den ich aber verpasse. So bin ich auf der Hauptstrasse, die plötzlich doppelspurig wird und ich mich frage, ob ich jetzt plötzlich auf einer Autobahn bin. Uuuhh. Nichts wie runter von dieser Strasse, bei der nächsten Ausfahrt setze ich dies in die Tat um. Jetzt fahre ich prompt falsch und lege noch diverse Höhenmeter nach Embach zurück. Eigentlich hätte ich viel früher meinen Fehler erkennen müssen. Also wieder zurück und auf teilweise schöner Strecke, angereichert durch weitere kleine Rampen nach Schwarzach.
Am Bahnschalter erhalte ich hier die Auskunft, dass eine Verbindung nach Bratislava besteht, um 20:10 sollte ich dort ankommen. Perfekt.
Bis Wien geht alles glatt, da verpasse ich aber den Anschluss. Eine Stunde Pause verbringe ich am Bahnhof. Scheinbar hat Rapid Wien gespielt, auf jeden Fall machen diverse grölende, bierselige Fans die Gegend unsicher. Ich weiss, Verachtung ist kein löbliches Gefühl, aber ein wenig davon schleicht sich bei diesem Anblick in mein Bewusstsein ein.
Da ich Hunger habe, schaue ich bei einem Sandwichstand vorbei. Ich wähle ein Sandwich und möchte dazu noch ein Brötchen. Ich frage explizit nach, ob denn beim Brötchen Kümmel drin sei, die Verkäuferin verneint. Grünes Licht, ich bezahle und setze mich etwas weiter auf eine Bank. Das Brötchen ist tatsächlich kümmelfrei, aber nicht das Sandwich! Arrghh, das hätte mir die gute Frau wirklich mitteilen können. One for the trashcan. Etwas später kaufe ich mir noch zwei Viertel einer grossen Pizza. Der Verkäufer fragt nach, ob ich tatsächlich eine ganze Hälfte möchte. Und dabei bin ich doch offensichtlich Radfahrer, er hätte erkennen können, dass ich durchaus eine volle Pizza hätte verdrücken können.
Auf dem Zug nach Bratislava plaudere ich mit einem Amerikaner, der von Zürich her kommt und nach Budapest will. Er ist in den falschen Zug gestiegen und nervt sich deswegen. Zufälligerweise lebt seine Freundin aber in Bratislava. Ich frage ihn nach der Lage des Bahnhofs und er zeigt es mir auf der Karte. Als wir allerdings ankommen, gibt er mir zu verstehen, dass dies nicht der Hauptbahnhof sei und er jetzt auch null Ahnung habe, wo wir sind. Mittlerweile ist es dunkel und Schilder gibt es auch keine. Naja, zum Glück habe ich ja noch mein iPhone mit GPS. Doch dieses gibt mir zu verstehen, dass mein Standort nicht ermittelt werden kann. So stehe ich bei Nacht in einer mir unbekannten Stadt irgendwo im Abseits, ziemlich planlos. Schön.
Ich frage einen Taxifahrer nach der Richtung und er weist mir mit der Hand den Weg. Auf geht’s. Mit Centrum angeschriebene Schilder passen mir, denen folge ich, denn wenn ich im Zentrum bin, sollte ich zumindest meine Lage ausmachen können. Dummerweise lande ich mit dieser Taktik schon wieder auf einer Autobahn! Bei der Einfahrt bemerke ich dies und kehre um. Eine Passantin frage ich danach nach dem Weg und sie meint, dass ich im Süden von Bratislava sei, die Donau sei da vorne. Schon mal nicht schlecht. Ich finde die Donau und mit Umwegen auch eine Brücke, die für Fahrräder taugt. Mit einigen Schwierigkeiten erreiche ich schliesslich die Strasse, die nach meinem Erachten nach Marianka führt (dem Ort des Treffens). Es geht aus der Stadt raus und plötzlich ist die Strasse nicht mehr beleuchtet. Ich habe bloss ein Rücklicht, nicht so doll. Einige Kilometer rolle ich dahin, je länger je mehr zweifele ich an der Richtigkeit des Weges. Es ist mittlerweile 22:40. Ich rufe meinem Organisator-Kollegen an und er meint, ich solle doch einfach bis zum nächsten Ortsschild fahren und mich dann wieder melden. Er würde mich dann abholen. Das nächste Ortsschild ist dann aber tatsächlich dasjenige von Marianka, so dass ich ohne seine Hilfe auskomme. Nur ein paar offensichtlich stark angetrunkene Jugendliche muss ich im Dorfplatz von Marianka noch nach Auskunft fragen. Mit Iiiiittt iiiiiissss ooooooverrr tttthhhheeeeerreeee…. kriege ich sogar eine korrekte Anwort. Um elf bin ich endlich vor Ort.
Drei Tage verbringe ich nun hier mit meinen Kollegen und lasse die Beine ausruhen. Das Kontrastprogramm könnte kaum grösser sein. Anstatt der roten Muskelfasern werden hier unter anderem die grauen Zellen gebraucht.
Ich bin diese Etappe gefahren und möchte die befahrenen Pässe in mein Palmares eintragen
Ich bin diese Etappe gefahren